Erfolgreiche Stellenanzeigen: „Zu viele Anforderungen kann man heute vergessen“
Stellenanzeigen sind der Ausgangspunkt für einen Bewerbungsprozess. Aber nicht nur das: Die Qualität der Stellenanzeige hat viel Einfluss auf den Erfolg des Vorhabens. Wir haben die Personal-Expertin Madeleine Kern gefragt, was Behörden bei der Gestaltung ihrer Stellenanzeigen bedenken, aber auch unbedingt vermeiden sollten.
Liebe Madeleine, Behörden leiden ja genauso unter dem Fachkräftemangel wie die freie Wirtschaft. Welchen Stellenwert haben Stellenanzeigen in diesem Wettbewerb um die besten Köpfe?
Daran scheiden sich in der Branche ein wenig die Geister. Es gib durchaus Leute, die sagen: „Das braucht keiner mehr.“ Ich sage aber: „Wir brauchen die Stellenanzeige weiterhin!“ Denn ohne eine Stellenanzeige weiß man doch gar nicht, dass die Position überhaupt frei ist. Um das zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, dass eine Stellenanzeige über die klassische Form, zum Beispiel in einer Tages- oder Wochenzeitung, längst hinaus geht. Stellenanzeigen erscheinen ja auch in Jobbörsen und ganz wichtig: auf der Website der Behörde. Und hier beantwortet die Stellenanzeige ganz zentrale Fragen: Was ist das für ein Job? Was muss ich können? Und was bekomme ich?
Hinzu kommt neuerdings, dass eine Stellenanzeige die Menschen dazu bewegen muss, sich überhaupt zu bewerben. Denn es ist ja nicht mehr so, dass ich eine Stellanzeige veröffentliche und schon trudeln die Bewerbungen ein. Dieses Problem war vor dem Fachkräftemangel nicht so weit verbreitet. Und dafür braucht man Stellenanzeigen durchaus, solange sie gut gemacht sind.
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Was braucht eine gute Stellenanzeige denn deiner Meinung nach? Also, wie baust du sie auf?
Ganz wichtig ist schon einmal der Titel. Denn der bestimmt ja darüber, ob meine Stellenanzeige überhaupt gefunden wird. Das bedeutet, der Titel muss vor allem von Externen verstanden und gut gesucht werden. Das ist manchmal ein Problem bei Behörden. Da hilft es, sich eine Meinung außerhalb der Behörde einzuholen.
Aber der Titel muss auch zum Klicken auffordern. Zum Beispiel wäre „Stadtplaner (m/w/d)“ etwas zu allgemein. Man bräuchte konkretere Informationen, zum Beispiel „Flächenentwicklung“ oder „Solarprojekte“. Daran schließt sich eine gute Stellenbeschreibung an. Dabei ist mir ganz wichtig, dass ich den Leuten nicht ihren Job erkläre, sondern wie der Job in dieser speziellen Behörde funktioniert. Wenn jemand aus der Industrie kommt, ist der Berufsalltag des Buchhalters schon ein anderer als in dieser Behörde. Ich beschreibe also, wie das Team funktioniert, welche Schnittstellen es gibt, welche Software benutzt wird etc.
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Und wie genau soll man beschreiben, welche Fähigkeiten die Person mitbringen soll?
Das wäre das Thema Anforderungen. Das war früher eine Wünsch-dir-was-Liste mit zwanzig Punkten. Das kann man sich heute eh nicht mehr leisten, aber auch früher haben die Menschen spätestens beim fünften Punkt schon aufgehört zu lesen. Ich unterteile das in Muss- und Kann-Anforderungen. Für beide Bereiche formuliere ich drei bis fünf Aspekte. Hier kann ich nur raten, sich genau zu überlegen, was wirklich erforderlich ist. Braucht es wirklich so viel Berufserfahrung oder könnte ein:e engagierte:r Berufsanfänger:in mit gutem Abschluss den Job nicht ebenso gut ausüben?
Wie stehst du denn zu Gehaltsangaben in Stellenanzeigen?
Ganz wichtig. Und bei Behörden ist es ja eigentlich recht einfach, weil für jede Position laut Tariftabelle Gehaltsspannen festgelegt sind. Das kann und sollte man ganz transparent angehen. Dabei sollte man die vielen Benefits nicht vergessen: flexible Arbeitszeiten, Home Office, Dienstwagen, ÖPNV-Ticket, Kita-Zuschüsse, Urlaubstage …
Manches davon kann in einem Teil zum Thema „Kultur und Arbeitsweise“ untergebracht werden. Das kann man auch anders nennen, beispielsweise „Werte“ oder „Wie wir arbeiten“. Hier sollte die Behörde beschreiben, wie das Arbeitsumfeld aussieht und was sie ausmacht. Gehen alle zusammen Mittagessen, weil die Kantine so gemütlich ist? Arbeitet das Team digital zusammen oder gemeinsam auf der Dachterrasse? Wird besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt? Oder auch: Wie gehen wir mit Fehlern und Erfolgen um? Das gibt den Menschen wirklich einen Eindruck davon, ob es gut passen könnte.
Ganz zum Schluss kommt dann der Aufruf zur Bewerbung mit Kontaktdaten oder einem Button, über der Bewerbungsprozess direkt gestartet wird. Man glaubt gar nicht, wie oft das vergessen wird!
Gibt es noch andere Fettnäpfchen oder typische Fehler, die man vermeiden sollte?
Auf jeden Fall. Dabei ist Copy-Paste der größte Fehler, also dass man den Text von einer anderen Stellenanzeige abschreibt. Das funktioniert einfach nicht. Denn eine Stellenanzeige wird erst durch Individuelles interessant. Jeder Job ist sehr stark durch das Arbeitsumfeld definiert. Und darum gibt es keine Retorten-Beschreibungen.
Der zweite Riesenfehler ist ein Titel, den keiner sucht oder versteht, weil es irgendwelche kryptischen Bezeichnungen sind. So eine Stellenanzeige findet einfach niemand. Sehr kurze Stellenanzeigen funktionieren nur bedingt. Denn wenige kurze Stichpunkte sind nicht überzeugend. Den eigenen Job kennt man ja. Wichtiger ist immer das Drumherum.
Zu viele Anforderungen kann man heutzutage auch vergessen, dafür sollte man lieber mehr Energie in die Beschreibung von Benefits und der Kultur stecken. Und selbst wenn alles stimmt, hapert es bei Online-Anzeigen oft genug an der Technik. Mein Tipp: Bewerben Sie sich einmal bei sich selbst, um zu prüfen, ob alles funktioniert. Beginnen Sie bei der Suche!
Was empfiehlst du Behörden, wie sie mit genderneutraler Sprache umgehen sollten?
Auf jeden Fall machen! Mit gutem Willen und etwas Übung ist es gar nicht so schwer, eine Stellenanzeige komplett genderneutral zu beschreiben. Dafür braucht man oft gar keine Sternchen oder Doppelpunkte. Um das zu vermeiden, spreche ich die Menschen direkt an: “Ihre Aufgaben sind …“. Aus „Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ oder „Kolleg:innen“ kann man einfach „dein Team“ machen. Das finde ich sowieso viel schöner, und es wirkt direkt integrativer. Wenn man hier oder da mal ein Wort mit einem Sternchen hat, stört das auch nicht so sehr den Lesefluss.
Viel interessanter finde ich, dass Stellenanzeigen oft männlich konnotiert ausgeschrieben sind. Wörter wie offensiv, durchsetzungsstark oder zielstrebig können Frauen von einer Bewerbung abhalten. Um so etwas zu vermeiden, gibt es kostenlose Genderdecoder. Da kann man den Text einkopieren und der Decoder markiert die Begriffe, die eher männlich oder weiblich sind. Darum ist das ein sinnvoller Check. Idealerweise sollte eine Stellenanzeige neutral sein. Wir brauchen ja nicht einen Mann oder eine Frau, sondern einen Menschen, der den Job gut erfüllen kann. Eher weiblich zu formulieren, schreckt – Studien zufolge – Männer übrigens nicht ab.
Sind Bilder oder Videos eine gute Ergänzung für Stellenanzeigen?
Grundsätzlich ja. Auf der Website oder in sozialen Netzwerken arbeite ich sehr gerne mit Bildern oder Videos. Aber bitte kein Stockmaterial verwenden! Besser sind Fotos mit echten Kolleg:innen. Ansonsten muss das Foto natürlich zum Job passen. Wenn man eine Köchin sucht, dann ist natürlich die Küche oder ein Foto vom Essen gut.
Bei LinkedIn empfehle ich gerne eine Stellenanzeige als Slideshow: erst der Titel, dann schrittweise mehr Infos in einer Mischung aus Texten und Bildern. Was auch immer gut ankommt, sind Interviews mit jemanden, der oder die den Job macht und Fragen dazu beantwortet. Dafür muss man natürlich die richtige Person finden. Das ist oft die größte Schwierigkeit.
Liebe Madeleine, das waren schon eine Menge Tipps. Gibt es noch etwas, dass du aus deiner Erfahrung speziell Behörden mit auf den Weg geben möchtest?
Ich lese immer noch in vielen Stellenanzeigen von der öffentlichen Hand, dass vollständige Bewerbungsunterlagen gewünscht sind. Das ist für viele Menschen abschreckend. Der Gedanke, all das herauszusuchen, lückenlose Zeugnisse etc. Da lassen es manche lieber direkt sein.
Ich weiß, dass das etwas damit zu tun hat, wie man jemanden in den Tarif einordnet. Aber für den ersten Kontakt braucht man das doch nicht. Um vorab zu prüfen, ob jemand passen könnte, reichen doch ein Anschreiben und ein Lebenslauf. Wenn es konkret wird, kann man diese Unterlagen später noch abrufen. Ich denke, damit könnten Behörden den Erfolg ihrer Stellenanzeigen spürbar verbessern.