Wie können Sie als Mitarbeiter eines öffentlichen Auftraggebers sicherstellen, dass Sie am Ende des Vergabeverfahrens den Vertrag mit einem Partner schließen, der in der Lage ist, den Auftrag ordnungsgemäß auszuführen?
Die Weichenstellung legen Sie bereits zu Beginn des Vergabeverfahrens: Sie bestimmen die Eignungskriterien, die ein Bieter erfüllen muss! Eignungskriterien betreffen die Eignung des Bieters und sind unternehmensbezogen. Mit den Eignungskriterien prüfen Sie, ob der Bieter fachkundig und leistungsfähig ist, und prüfen darüber hinaus, dass kein Ausschlussgrund vorliegt.
Anders ist es bei den Zuschlagskriterien. Sie sind angebotsbezogen und betreffen die Frage, welcher (geeignete) Bieter das wirtschaftlichste Angebot eingereicht hat.
Was bedeuten Fachkunde und Leistungsfähigkeit?
Die Fachkunde und Leistungsfähigkeit können Sie anhand der folgenden drei Bereiche prüfen. Sie legen selbst fest, ob und ggf. welche konkreten Kriterien Sie für den Nachweis anfordern. Dazu gehört etwa:
Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung:
- der Handelsregisterauszug
- die Bauvorlageberechtigung bei Architekten- und Ingenieurleistungen
Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit:
- die Umsätze der letzten Jahre, ggf. sogar Mindestjahresumsätze (aber maximal das Zweifache des ausgeschriebenen Auftragswertes)
- die Bilanzen
- die Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung in angemessener Höhe
Technische und berufliche Leistungsfähigkeit:
- die Beschäftigtenanzahl
- die Fachkräfte und deren Studien-/Ausbildungsnachweise
- die Referenzen, mit denen der Bieter nachweist, dass er vergleichbare Aufträge in der Vergangenheit ordnungsgemäß ausgeführt hat
- die Angabe, welche Teilleistungen der Bieter an Unterauftragnehmer vergeben will (Achtung: Die Einschaltung von Unterauftragnehmern dürfen Sie nur unter engen Voraussetzungen, zum Beispiel bei kritischen Verlege- oder Installationsarbeiten, verbieten.)
Hat ein Bieter die Hürde genommen und alle von Ihnen aufgestellten Eignungskriterien erfüllt, kann „seine Reise“ in einem Vergabeverfahren trotzdem vorzeitig enden, wenn er einen fakultativen oder zwingenden Ausschlussgrund verwirklicht.
Was verbirgt sich hinter zwingenden und fakultativen Ausschlussgründen?
Mit dem Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes prüfen Sie die Zuverlässigkeit des Unternehmens. Liegt ein zwingender Ausschlussgrund vor, müssen Sie das Unternehmen ohne Wenn und Aber aus dem Vergabeverfahren ausschließen. Dazu gehört etwa die Verurteilung wegen eines Betrugs zu Lasten des EU-Haushaltes. Sprich: Wenn jemand EU-Fördermittel beantragt und dabei vorsätzlich falsche Angaben macht und wenn er bei richtiger Angabe von vornherein keine EU-Fördermittel erhalten hätte, begeht er einen Subventionsbetrug und kann dafür rechtlich belangt werden.
Bei fakultativen Ausschlussgründen entscheiden Sie nach Ermessen, ob Sie das Unternehmen ausschließen oder das Angebot trotzdem zur Wertung zulassen wollen. Darunter fallen z.B.
- hinreichende Anhaltspunkte für (frühere) Kartellabsprachen
- Schlechtleistungen mit Kündigungsfolge bei früheren Aufträgen
- irreführende Informationen des Bieters im Vergabeverfahren
So prüfen Sie die Eignungskriterien richtig!
Die Angebote bzw. die Teilnahmeanträge bei einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb überprüfen Sie anhand der von Ihnen vorher aufgestellten Eignungskriterien: Sie dürfen nur die vorher bekanntgegebenen Eignungskriterien prüfen! Umgekehrt dürfen Sie auf kein vorher bekanntgegebenes Eignungskriterium nachträglich verzichten!
Tipp
Behandeln Sie alle Bieter gleich!
Fehlen Eigenerklärungen oder Eignungsnachweise, dürfen Sie bei Dienst- und Lieferaufträgen nach freiem Ermessen entscheiden, ob Sie sie nachfordern oder den Bieter direkt ausschließen. Bei Bauleistungen müssen Sie nachfordern. Immer gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung: Fordern Sie bei einem Bieter nach, müssen Sie dies bei allen Bietern machen. Die Gleichbehandlung gilt auch für alle Fristen, die Sie Bietern setzen.
Vereinfachung durch Präqualifikation eines Bieters!
Wie können Bieter dazu beitragen, den Prüfungs- und Nachforderungsaufwand für den Auftraggeber zu reduzieren? Erfragen Sie von den Unternehmen ihre jeweilige Präqualifikationsnummer (PQ-Nr.)! Anhand dieser PQ-Nr. können Sie die Eigenerklärungen und Eignungsnachweise, die das Unternehmen für den betreffenden Fachbereich bei der Präqualifizierungsstelle hinterlegt hat, einsehen:
- bei Bauleistungen in der PQ-Liste (pq-verein.de) und
- bei Dienst- und Lieferleistungen im Amtlichen Verzeichnis der IHK (amtliches-verzeichnis.ihk.de).
Das erleichtert Ihnen als Auftraggeber die Eignungsprüfung.
Etwas vielschichtiger, aber eigentlich nicht komplizierter wird die Eignungsprüfung, wenn der Bieter die Eignungskriterien nicht selbst erfüllt, sondern sich die fehlende Eignung von einem anderen Unternehmen ableitet. Hier spricht man von der sogenannten Eignungsleihe.
Keine Scheu vor der Eignungsleihe
Reicht zum Beispiel die Zahl der eigenen Mitarbeiter nicht aus, kann der Bieter auf die Mitarbeiter einer anderen Firma zurückgreifen. Das ist zulässig, wenn sich das Unternehmen verpflichtet, seine Mitarbeiter für diesen Auftrag zur Verfügung zu stellen, und diese Mitarbeiter später tatsächlich eingesetzt werden. In der Praxis ist das oft ein Nachunternehmer des Bieters.
Fazit
Nutzen Sie Ihren großen Spielraum bei der Festlegung der auftragsbezogenen Eignungskriterien, mit denen Sie die Fachkunde und Leistungsfähigkeit überprüfen!