Aktualisiert am 14. Januar 2022
Die geltenden Corona-Regeln werden – auch abhängig von den aktuellen Fallzahlen – laufend angepasst. So gilt aktuell z.B. die 3-G-Pflicht am Arbeitsplatz. Ebenso dürfen demnächst im Gesundheits- und Pflegebereich Arbeitnehmer:innen nur noch arbeiten, wenn bis zum Ablauf des 15.03.2022 ein Immunitätsnachweis vorgelegt wird. Auch die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht rückt näher. Vor dem Hintergrund der veränderten Gesetzeslage, des mittlerweile gut verfügbaren Impfstoffes und der erneut steigenden Corona-Fallzahlen stellt sich immer mehr die Frage, ob und wenn ja, in welcher Form Sie Arbeitnehmer:innen zu einer Corona-Impfung verpflichten können und in welchen Fällen die Anordnung von Corona-Tests im Arbeitsverhältnis zulässig ist. In unserem aktualisierten Blogbeitrag geben wir Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand.
Es besteht (noch) keine gesetzliche Impfpflicht
Eine betriebliche Pflicht zur Corona-Impfung kann nur eingeführt werden, wenn es dafür eine gesetzliche oder arbeitsrechtliche Grundlage gibt.
Eine für alle (volljährigen) Bürger:innen geltende gesetzliche Verpflichtung, sich gegen Corona impfen zu lassen, gibt es weiterhin nicht. Zwar ist eine allgemeingültige gesetzliche Impfpflicht geplant. Wann, in welcher Form und für welchen Personenkreis diese eingeführt wird, ist jedoch offen. Die (politische) Diskussion zur Zulässigkeit und Ausgestaltung läuft aktuell noch. Der Inhalt der Verpflichtung ist insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell voranschreitenden – offenbar in der Regel mit leichteren Symptomen verbundenen – „Omikron-Variante“ des Corona-Virus nicht sicher prognostizierbar. Auch ist noch unklar, welche Auswirkungen etwaige Verstöße gegen eine gesetzliche Impfpflicht auf das Arbeitsverhältnis haben können und inwieweit Arbeitgeber eine Immunisierung am Arbeitsplatz verlangen müssen bzw. dürfen. Solange es keine allgemeine gesetzliche Impfpflicht gibt, kann der öffentliche Dienst jedenfalls eine ausnahmslose Impfpflicht für alle Arbeitnehmer:innen nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen. Aus der seit dem 24.11.2021 geltenden 3-G-Pflicht am Arbeitsplatz kann ebenfalls keine Verpflichtung zur Impfung abgeleitet werden, da Arbeitnehmer:innen die Arbeitsstätte (auch) mit einem tagesaktuellen Corona-(Schnell-)Test betreten dürfen. Die für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge und auch Dienst- sowie Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge sehen eine solche Verpflichtung in aller Regel ebenfalls nicht vor. Zumal fraglich ist, ob eine Impfpflicht für Arbeitnehmer:innen überhaupt wirksam in einem Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung vereinbart werden kann. Daher wird sich eine berufsunabhängige Impfpflicht für die gesamte Belegschaft – zumindest bis zur Einführung einer allgemeinen Impflicht – weiterhin allenfalls aus der allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht ergeben können.
Darf eine Impfung aufgrund betrieblicher Interessen verlangt werden?
Bei der Frage, ob Sie als öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber von den Arbeitnehmer:innen – auch ohne gesetzliche Verpflichtung – eine Corona-Impfung verlangen können, geht es im Kern um eine Abwägung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer:innen sowie dem Recht auf körperliche Unversehrtheit. Dabei hat Ihr Interesse an der Impfung und dem damit einhergehenden Schutz der Arbeitnehmer:innen sowie der Aufrechterhaltung des Betriebs zwar durchaus einen hohen Stellenwert. auf der anderen Seite ist die Impfung jedoch keine Voraussetzung, um die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Sie dient eher der Prävention. Zudem bedeutet eine Impfung einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Wägt man also das mit den betrieblichen Interessen ab, so gewinnt die körperliche Unversehrtheit der Arbeitnehmer:innen.
Damit sind Sie – solange jedenfalls keine allgemeine gesetzliche Impfpflicht eingeführt wird – nicht dazu berechtigt, von den Arbeitnehmer:innen eine Corona-Impfung zu verlangen.
Sie können aber Anreize schaffen, um die Impfbereitschaft Ihrer noch nicht geimpften und/oder geboosterten Kolleg:innen zu erhöhen. Wie wäre es etwa mit einer Übernahme der Kosten für die Impfung oder ein Impfbonus bzw. Gutscheine für die Kantine im Falle einer nachgewiesenen Impfung?
Berufsbezogene Immunitätsnachweispflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal
Eine zentrale gesetzliche Neuerung ist die am 10.12.2021 vom Bundestag und Bundesrat beschlossene berufs- bzw. einrichtungsbezogene Immunitätsnachweispflicht (§ 20a IFSG). Danach dürfen ab dem 15.03.2022 in einer der in § 20a Abs. 1 IFSG genannten Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser, Arztpraxen, Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden, Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder Pflegeeinrichtungen und –dienste) nur Personen tätig sein, die über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen. Eine Ausnahme besteht nur für Arbeitnehmer:innen, die aus medizinischen Gründen nicht gegen Corona geimpft werden können. Wenn Arbeitnehmer:innen den Immunitätsnachweis nicht bis zum Ablauf des 15.03.2022 gegenüber ihrer Dienststelle erbringen und auch keinen Nachweis erbringen, dass eine Impfung aus medizinischen Gründen nicht möglich, dürfen sie in diesen Einrichtungen nicht mehr arbeiten. Ab dem 16.03.2022 sind auch Neueinstellungen ohne einen entsprechenden Nachweis nicht mehr möglich. Als öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber im Gesundheitsbereich sollten Sie daher zeitnah prüfen, ob Ihr Betrieb unter die Immunitätsnachweispflicht nach § 20a IFSG fällt und die Umsetzung der Regelung vorbereiten. Denn Verstöße gegen die Nachweispflicht können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Umgekehrt drohen nicht immunisierten Arbeitnehmer:innen im Gesundheits- und Pflegebereich arbeitsrechtliche Konsequenzen. Sofern Arbeitnehmer:innen nämlich den Immunitätsnachweis ohne medizinischen Grund nicht vorlegen können und sie deswegen nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz eingesetzt werden können, verlieren sie ab dem 16.03.2022, jedenfalls bis zur Vorlage des Nachweises, ihren Vergütungsanspruch. Im Falle einer beharrlichen Verweigerung der Erfüllung der Nachweispflicht können Sie als Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zudem aus diesem Grund –zumindest nach einer vorherigen Abmahnung – kündigen.
Dürfen Arbeitende zum Testen verpflichtet werden?
Bei der Frage, ob eine Corona-Testpflicht für (auch geimpfte oder genesene) Arbeitnehmer:innen angeordnet werden kann, muss man zwischen anlassbezogenen Maßnahmen (z.B. bei einem Corona-Verdacht in der Dienststelle) und einer ansatzlosen Corona-Testpflicht unterscheiden.
Sofern ein konkreter Anlass für die Durchführung eines Corona-Schnelltests besteht und der betroffene Arbeitnehmer auch nicht von Zuhause aus arbeiten kann, ist die Anordnung einer Testpflicht vor Betreten der Diensträume zulässig. Ein konkreter Anlass für die Durchführung eines Tests können dabei typische Corona-Symptome oder Risikokontakte mit infizierten Personen sein.
Nicht abschließend geklärt ist die Rechtslage – soweit ersichtlich – noch bei einer anlasslosen Testpflicht. Allerdings gibt es Hinweise, dass die Arbeitsgerichte im Falle der aktuellen Corona-Situation dazu tendieren könnten, auch anlasslose Tests zu billigen. So hat z.B. ein Arbeitsgericht den Eilantrag eines Arbeitnehmers, dem der Zugang zum Werkgelände ohne Corona-Test verweigert wurde, abgewiesen. Es spricht daher vieles dafür, dass eine anlasslose Testpflicht (insbesondere wenn die Corona-Zahlen hoch sind) jedenfalls dann zulässigerweise angeordnet werden kann, wenn das Betreten der Diensträume zwingende Voraussetzung für die Erbringung der Arbeitsleistung ist und die Arbeit zudem mit Kontakt zu anderen Personen verbunden ist.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung erneut bis einschließlich 19.03.2022 verlängert und u.a. die an die Arbeitgeber gerichtete Testangebotspflicht beibehalten. Einzelheiten dazu und zu den aktuell geltenden Corona-Vorgaben des Bundes können der regelmäßig aktualisierten Internetpräsenz des BMAS entnommen werden. Die Arbeitgeber bleiben also dazu verpflichtet, allen Arbeitnehmern:innen, die nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten, mindestens zweimal pro Woche einen Corona-Selbst- und Schnelltest anzubieten. Die Kosten für den Test muss der Arbeitgeber übernehmen. Die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung sieht allerdings nach wie vor nur eine Angebotspflicht für die Arbeitgeber vor. Eine Pflicht der Arbeitnehmer:innen zur Mitwirkung an den angebotenen Corona-Tests kann daraus somit nicht abgeleitet werden.
Allerdings führt die zurzeit geltende 3-G-Pflicht am Arbeitsplatz faktisch dazu, dass zumindest ungeimpfte Arbeitnehmer:innen sich regelmäßig vor dem Betreten des Betriebs testen lassen müssen. Ungeimpfte müssen nach der zurzeit geltenden Regelung bei jedem Betreten der Dienststelle einen Test vorlegen. Ein Antigen-Schnelltest darf dabei nicht älter als 24 Stunden sein, nur ein PCR-Test darf höchstens 48 Stunden zurückliegen.
Dürfen Sie als Arbeitgeber nach dem Impfstatus fragen?
Sofern Sie eine der in § 20a IFSG genannten Einrichtungen betreiben, müssen Sie Ihre Arbeitnehmer:innen sogar ab dem 15.03.2022 nach dem Corona-Immunitätsstatus fragen. Dies beinhaltet auch eine Abfrage des Impf- oder Genesenstatus.
In allen anderen Fällen könnten Sie vielleicht ebenfalls darüber nachdenken, den Impfstatus der Arbeitnehmer abzufragen. Doch auch aus dem neuen IfSG ergibt sich (nach wie vor) kein allgemeiner Anspruch des Arbeitgebers auf Abfrage des Impfstatus. Vielmehr dürfen die Daten zu den 3G-Nachweisen ausschließlich zur Durchführung der Zutrittskontrollen erhoben werden. Die Arbeitnehmer:innen können nämlich selbst entscheiden, auf welchem Weg sie den Nachweis erbringen. So müssen Geimpfte oder Genesene ihren jeweiligen Status bei Ihnen nicht offenlegen und können stattdessen Testnachweise vorlegen. Die erhobenen (Gesundheits-)Daten zum Impf-, Genesungs- und Teststatus dürfen später nur für die Kontrolle der Zugangsvoraussetzungen verarbeitet werden. Das beinhaltet die Dokumentation der Kontrollen. Auch dürfen die Daten nach § 28b Abs. 3 IfSG zur Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung gemäß der §§ 5 und 6 ArbSchG verwendet werden. Eine anderweitige Verwendung ist hingegen in der Regel unzulässig, da die Abfrage des Impfstatus zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht erforderlich sein dürfte. Deshalb sollten Sie – jedenfalls solange keine (gesetzliche) Impfpflicht besteht, die Sie dazu berechtigt – von der Abfrage des Immunitätsstatus absehen und möglicherweise dazu im Rahmen der 3-G-Zutrittskontrollen erlangte Informationen nur äußerst zurückhaltend zu den vom Gesetzgeber vorgesehenen Zwecken verwenden.
Vergessen Sie nicht, den Personal- oder Betriebsrat zu beteiligen
Sofern Sie als Arbeitgeber überlegen, zumindest eine Testpflicht in Ihrer Dienststelle anzuordnen, müssen Sie – sofern ein Personal- oder Betriebsrat besteht – die Mitbestimmungsrechte des Personalrats nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 8 LPVG-BW bzw. die des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 S.1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG beachten.
Ebenso kann die Auslobung finanzieller Vorteile im Zusammenhang mit einer nachgewiesenen Impfung nach § 74 Abs. 2 Nr. 5 LPVG-BW oder § 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein.
Fazit
Die Einführung einer Impfpflicht für alle Arbeitnehmer:innen sämtlicher Bereiche des öffentlichen Dienstes ist nach wie vor nicht möglich. Nur im Gesundheits- und Pflegebereich besteht für Arbeitnehmer:innen ab dem 15.03.2022 eine Pflicht zum Nachweis des Corona-Immunitätsstatus. Dies beinhaltet die Verpflichtung von Ihnen zur Abfrage des Impf- und Genesenstatus. Öffentliche Arbeitgeber in diesen Bereichen sollten sich daher möglichst zeitnah auf diese Neuerung vorbereiten. In allen anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes sollte dagegen weiterhin davon abgesehen werden, den Impfstatus der Arbeitnehmer:innen abzufragen. Die Anordnung von Corona-Tests vor Betreten des Dienstgebäudes dürfte in vielen Fällen möglich sein. Allerdings müssen zumindest Ungeimpfte zurzeit ohnehin regelmäßig vor dem Betreten der Dienststelle einen negativen Test vorweisen. Sollten Sie eine Testpflicht einführen wollen, empfehlen wir Ihnen auf Grund der damit verbundenen vielschichtigen arbeits- und datenschutzrechtlichen Fragestellungen, sich bei der Einführung der Testpflicht von einem arbeitsrechtlichen Experten beraten zu lassen.
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