Stadtportale – Tipps und Tricks für die rechtliche Gestaltung
Stadtportale im Internet, die häufig durch Kommunen oder in ihrem Auftrag unter entsprechenden Internet-Adressen (www.stadtname.de) betrieben werden, können sehr erfolgreich sein. Mehrere Millionen Seitenaufrufe für Rubriken wie „Rathaus“, „Landkreis“, „Umland“, „Veranstaltungen“, „Kino“ und „Shopping“ sind keine Seltenheit. Doch nicht jedes elektronische Informationsangebot der öffentlichen Hand ist erlaubt. Dieser Blog erklärt, was erlaubt ist und was nicht.
Regel Nr. 1
Kein Recht auf Meinungsfreiheit
Im Gegensatz zum postenden Bürger kann sich die öffentliche Hand nicht auf die Meinungsfreiheit berufen und kurzerhand einen Internetauftritt erstellen. Im Gegenteil, Sie müssen für die öffentliche Hand immer die 4 Gebote für die Öffentlichkeitsarbeit, nämlich das Gebot der Zurückhaltung, das Sachlichkeitsgebot, die Bindung an Gesetz und Recht, sowie das Prinzip der Staatsferne der Presse beachten. In der Praxis ist die Umsetzung aber gar nicht so schwierig: Es gilt die Faustregel, dass Informationen über die staatliche Tätigkeit, insbesondere über Politik und Recht in ihrem Aufgabenkreis, also zum Beispiel amtliche Mitteilungen, Informationen zur kommunalen Wirtschaftsförderung (neuer Gewerbepark, neues Gründerzentrum etc.), oder Informationen über aktuelle und künftige Vorhaben der Kommunalverwaltung und des Gemeinderats immer erlaubt sind. Bezieht sich Ihre Öffentlichkeitsarbeit auf die Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Hand oder informiert über diese, dürfen Sie insoweit natürlich auch ein Stadtportal nutzen.
Regel Nr. 2
Posten Sie nur das, was zu Ihren Aufgaben gehört
Aufgabe des Staates ist nicht, die Bürger zu unterhalten. Beiträge, die nicht informieren und auch sonst keinen Zusammenhang zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben aufweisen, sind nicht erlaubt. Yogatipps, Konzertclips einer stadtbekannten Band oder Ausschnitte des letzten Spiels des lokalen Fußballclubs sind damit tabu. Bei Beiträgen über ortsansässige Unternehmen kommt es auf Anlass und Inhalt des Beitrags an (Der Bericht über den Besuch der lokalen Brauerei ist Werbung, der Bericht über den neuen Hofladen kann Information zur lokalen Wirtschaftsförderung sein, der Bericht über das Volksfest dient der Unterhaltung).
Regel Nr. 3
Unterhaltung ist nicht grundsätzlich verboten
Es gibt Informationen, die Sie nicht eindeutig der Regel Nr. 1 oder der Regel Nr. 2 zuordnen können. Viele erlaubte Informationen unterhalten auch und unterhaltende Beiträge informieren. Versuchen Sie, den Schwerpunkt des Beitrags zu ermitteln. Fällt dieser unter Regel Nr. 1, ist der Beitrag erlaubt. Könnte der Beitrag so auch in der Lokalzeitung erscheinen? Dann spricht viel dafür, dass er auf dem Stadtportal unzulässig ist.
Regel Nr. 4
Sie sind nicht die Tageszeitung!
Beim Zusammenstellen der Inhalte für Ihr Stadtportal sollten Sie immer im Auge behalten, dass das Stadtportal keine lokale Tageszeitung ersetzen darf. Beachten Sie daher konkret folgende Punkte:
- Das Stadtportal beschränkt sich auf Sachinformationen. Berichte über das gesellschaftliche Leben, lokale Kulturereignisse oder den lokalen Fußballclub gehören in die Lokalzeitung.
- Das Stadtportal enthält keine wertenden oder meinungsbildenden Elemente.
- Aufmachung und Layout erinnern nicht an eine Onlinezeitung. Sie verwenden nur wenig Illustrationen und Sie texten nicht reißerisch. Videos und Audiodateien werden nur zur Information, aber nicht zur Illustration verwendet.
- Werbebanner überwiegen nicht die Inhalte (wie bei einem Anzeigenblatt) und dienen der Finanzierung des Stadtportals (fließen also nicht in den kommunalen Haushalt).
Warum gibt es diese strengen Regeln? Medien sollen eigentlich die öffentliche Hand kontrollieren und durch Meinungsvielfalt die öffentliche Meinungsbildung fördern. Daher gilt der Grundsatz der Staatsferne der Presse und das Zurückhaltungsgebot. Mit anderen Worten: Sie dürfen nur dort für die öffentliche Hand im Konzert der Medien mitspielen, wo dies durch die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben begründet werden kann und entsprechend umgesetzt wird. Und wenn andere Stadtportale diese Regeln nicht einhalten? Dann gilt das Gleiche wie auch sonst: Nur, weil sich andere falsch verhalten, wird Ihr Verhalten dadurch nicht rechtmäßig.
Regel Nr. 5
Zur Finanzierung Ihres Stadtportals dürfen Sie die Schaltung von Werbebannern und sonstiger Werbung anbieten. Überwiegt aber die Werbung auf dem Stadtportal (entsteht also der Eindruck eines elektronischen Anzeigenblattes), müssen Sie genau hinsehen: Je unterhaltender und weniger informativ die Restinhalte sind, umso eher greift Regel Nr. 4: Das Stadtportal ersetzt unzulässiger Weise eine Anzeigenzeitung.
Regel Nr. 6
Man vertraut Ihnen.
Informationen der öffentlichen Hand genießen ein besonderes Vertrauen der Bevölkerung. Der Nutzer bzw. die Nutzerin verlässt sich auf ihre Richtigkeit und folgt bereitwillig Empfehlungen, selbst wenn es sich um Werbung handelt. Um die Möglichkeit einer Beeinflussung zu vermeiden, müssen Sie werbende Beiträge deutlich mit „Anzeige“ kennzeichnen (der Bericht über die neue Mountainbike-Strecke der Gemeinde ist Information, der Bericht über den lokalen Fahrradshop hingegen Werbung).
Mischformen nennt man „Advertorials“. Sie sind in einen redaktionellen Bericht gekleidete Werbung, zum Beispiel über die Eröffnung des Hofladens eines lokalen Bio-Bauernhofs oder das neue Öko-Strom-Angebot der Stadtwerke. Sie sind daher nur unter folgenden engen Voraussetzungen erlaubt:
- Es muss ein eindeutiges Informationsinteresse bestehen.
- Die Information muss sachlich und zurückhaltend sein. Übertriebene Äußerungen wie „hervorragend“ oder „toll“ sprechen für Werbung!
- Kritisches muss auch berichtet werden.
Fazit
Stadtportale dienen der Information der Bürgerinnen und Bürger über die Tätigkeit der öffentlichen Hand. Sie dienen nicht der Unterhaltung und dürfen nicht die Lokalpresse beeinträchtigen oder gar ersetzen. Wenn Sie die in diesem Blog dargestellten Regeln beachten, steht Ihrem Stadtportal nichts mehr im Wege.
In der Ausgabe vom 22. Dezember 2020 berichtete die Süddeutsche Zeitung über Rechtsstreite von Stadtportalen und die Grenze zwischen Presse und Staat.
OPPENLÄNDER Rechtsanwälte mit Sitz in Stuttgart zählt bei einer Teamgröße von ca. 40 Anwältinnen und Anwälten zu den TOP 50 Kanzleien in Deutschland. Die Beratungspraxis umfasst sämtliche Bereiche des Wirtschaftsrechts. Dies gilt insbesondere auch für das Vergabe-, Presse- und Arbeitsrecht.