Die elektronische Signatur: Angebote elektronisch unterschreiben lassen
Seit der Einführung der eVergabe gehören bei vielen Vergabeverfahren Angebote auf Papier der Vergangenheit an. Ausgedient hat in diesen Fällen auch die eigenhändige Unterschrift unter dem Angebot. An ihre Stelle treten elektronische Signaturen und Siegel, die es in verschiedenen Varianten gibt.
Die elektronische Signatur oder auch digitale Signatur wird nicht nur in Vergabeverfahren verwendet. Sie ist ein allgemeines Instrument, mit dem kenntlich gemacht werden kann, von wem ein elektronisches Dokument stammt, also eine Art digitale Unterschrift. Über viele Jahre hinweg definierte das Signaturgesetz, was eine elektronische Signatur ist und welche Arten elektronischer Signaturen es gibt. Seit 2016 übernimmt diese Aufgabe die eIDAS-Verordnung, die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt.
Arten elektronischer Signaturen und Siegel
In ihrer Grundform ist die elektronische Signatur ein sehr einfaches Identifizierungsmittel. Nach der Begriffsdefinition in Art. 3 eIDAS-Verordnung handelt es sich bei ihr lediglich um elektronische Daten, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Die elektronische Signatur hat damit keinen Sicherheitswert. Bereits die Wiedergabe des Namens des Absenders unter einer E-Mail-Nachricht erfüllt diese Definition.
Deutlich anspruchsvoller ist hingegen die fortgeschrittene elektronische Signatur, denn sie erfordert darüber hinaus, dass sie unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt wird, die der Unterzeichner mit einem hohen Maß an Vertrauen unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann. Sie muss zudem die Identifizierung des Unterzeichners ermöglichen und so mit den signierten Daten verbunden sein, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann. Erreicht werden kann dies durch einen Signaturschlüssel, mit dem das elektronische Dokument verschlüsselt wird und der die Urheberschaft und die Integrität des Dokuments gewährleistet.
Die höchste Form der Sicherheit bieten qualifizierte elektronische Signaturen. Sie werden mittels einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt und beruhen auf einem qualifizierten Zertifikat. Ein solches Zertifikat ist eine elektronische Bescheinigung, die elektronische Signaturvalidierungsdaten mit einer natürlichen Person verknüpft und die mindestens den Namen oder das Pseudonym dieser Person bestätigt. Im Fall der qualifizierten elektronischen Signatur müssen sie von einem Vertrauensdiensteanbieter stammen, dem der Qualifikationsstatus von einer Aufsichtsstelle verliehen wurde. Elektronische Siegel entsprechen elektronischen Signaturen, werden aber von juristischen Personen verwendet.
Verwendung elektronischer Signaturen und Siegel im Vergabeverfahren
In elektronischen Vergabeverfahren werden Angebote (gemäß § 53 VgV bzw. § 38 UVgO) regelmäßig nur in Textform eingereicht. Hierfür genügt es, wenn das Angebot die Person des Erklärenden nennt und auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird (§ 126b BGB).
Elektronische Vergabeplattformen erfüllen diese Anforderungen dadurch, dass der Bieter dort den Namen der Person eingibt, die die jeweilige Erklärung abgibt. Der Bieter ist nicht etwa verpflichtet, die Angebotsdokumente auszudrucken, zu unterschreiben und einzuscannen. Dies gilt selbst dann, wenn die Vergabeunterlagen auf den Dokumenten Unterschriftszeilen vorsehen (OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. vom 4. Oktober 2019, 7 Verg 3/19).
Im Einzelfall können Sie als Auftraggeber aber darüber hinausgehen und verlangen, dass fortgeschrittene oder qualifizierte elektronische Signaturen oder Siegel verwendet werden. Das setzt voraus, dass erhöhte Anforderungen an die Sicherheit bestehen und Sie ein entsprechendes Sicherheitsniveau festgelegt haben. Dieses Sicherheitsniveau muss in einem angemessenen Verhältnis zu den von einer Datenkompromittierung ausgehenden Gefahren stehen. In der Praxis kommt es eher selten vor, dass Auftraggeber derartige erhöhte Anforderungen stellen. Ganz unabhängig von ihrer rechtlichen Zulässigkeit erhöhen sie die Hemmschwelle für Unternehmen, sich an dem Vergabeverfahren zu beteiligen, und können sich nachteilig auf die Anzahl und die Qualität der eingehenden Angebote auswirken.
Verlangen Sie dennoch die Verwendung einer fortgeschrittenen oder qualifizierten elektronischen Signatur, muss ein Angebot gemäß § 57 Abs. 1 VgV ausgeschlossen werden, wenn es diesen Anforderungen nicht entspricht. Eine Nachforderung der fehlenden Signatur nach § 56 Abs. 2 VgV ist nicht möglich (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 5. September 2018, VII-Verg 32/18). Bewerber und Bieter sollten daher stets aufmerksam die Vorgaben des Auftraggebers hinsichtlich der Form der einzureichenden Unterlagen beachten.
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