
Kunstvermittlung im Fokus: „Menschen schätzen interaktive Kunst“
Mit der Web-App „Mein Pinnwand-Museum“ schafft die Kunsthalle Bremen einen digitalen Raum für kreative Teilhabe. Hartwig Dingfelder erzählt, wie die Plattform Menschen dazu inspiriert, Kunst interaktiv zu erleben – und was Behörden sich davon abschauen können.
Können Sie uns einen Überblick über das Projekt „Mein Pinnwand-Museum“ geben? Was macht es besonders?
Die Web-App ‚Mein Pinnwand-Museum‘ ermöglicht, aus Kunstwerken der Kunsthalle Bremen und eigenen Motiven eine persönliche Online-Ausstellung zu gestalten. So entsteht eine digitale Kunst-Pinnwand in einem personalisierten Bereich, ähnlich wie bei dem Netzwerk Pinterest. Diese Ausstellung lässt sich mit eigenen Text- und Audiokommentaren, Wandfarben, einem Titelmotiv und Meme-Slogans individuell gestalten.
Das Teilen mit anderen Menschen erfolgt innerhalb von Messenger-Diensten oder über Social Media. Für die Nutzung des Angebotes ist lediglich eine Anmeldung auf unserer digitalen Plattform www.artsurfer.de erforderlich.
Was hat Sie dazu inspiriert, „Mein Pinnwand-Museum“ zu entwickeln, und welche Ziele möchten Sie damit erreichen?
„Mein Pinnwand-Museum“ ist Teil eines umfangreicheren hybriden Kunstvermittlungsprogramms. Darin verbindet die Kunsthalle Bremen digitales Lernen im Austausch mit anderen und die kreative Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur. Dies umfasst sowohl multimediale Inhalte wie Online-Workshops und DIY-Tutorials als auch den Einsatz digitaler Tools in klassischen Atelier-Workshops. Die Web-App richtet sich an junge Menschen und Erstbesuchende, um ihnen Kunst spielerisch näherzubringen und eigene Kreationen zu reflektieren.
Wie können Behörden oder Bildungseinrichtungen von Ihrem Konzept inspiriert werden, um eigene innovative Angebote zu gestalten?
Wir haben uns gefragt: Was bewegt unsere Zielgruppe, und wie können wir das ins Museum bringen? Unser Ziel war es, Zugänge so barrierefrei wie möglich zu gestalten und alltägliche Inspirationen aufzugreifen. Dieser Ansatz ist nicht museumsspezifisch und lässt sich auf andere Bildungseinrichtungen und Behörden übertragen.
Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung, und wie haben Sie diese gemeistert?
Die Datenaufbereitung für 600 Werke, auch aus Depot und Kupferstichkabinett, war aufwendig. In der Zukunft würde man diese Daten vermutlich auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz aufbereiten. Deshalb war eine enge Zusammenarbeit mit den IT-Teams der Agenturen und enge Abstimmungen wichtig. Zusätzlich spielte die Arbeit unserer Projektkoordinatorin eine Schlüsselrolle; sie fungierte als Schnittstelle und Redaktion.
Welche Wirkung hat das Projekt bisher erzielt, und wie messen Sie dessen Erfolg?
„Mein Pinnwand-Museum“ richtet sich an Menschen, die das Museum alleine besuchen, wird aber auch in Atelierangeboten für Jugendgruppen und Schulklassen eingesetzt. Damit sprechen wir neue Zielgruppen an und schaffen individuelle Zugänge zu Kunstwerken. Die Resonanz zeigt: Menschen schätzen diese Form der Interaktion und bringen gern ihre eigenen Sichtweisen ein.
TIPP
MEIN PINNWAND-MUSEUM
„Mein Pinnwand-Museum“ und weitere Web-Apps sind unter www.artsurfer.de kostenfrei und ohne Download zugänglich – auch von zu Hause. „It’s an Art Match“ und „Mein Pinnwand-Museum“ wurden entwickelt im Rahmen von „dive in. Programm für digitale Interaktionen“ der Kulturstiftung des Bundes, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Programm NEUSTART KULTUR.

Kurzbiografie:
Hartwig Dingfelder ist Kunsthistoriker und Museumspädagoge. Als Leiter der Abteilung Bildung und Vermittlung ist er verantwortlich für die kulturelle Kinder- und Jugendbildung sowie die Erwachsenenbildungsangebote des Museums. Sein Arbeitsbereich bildet einen wichtigen Baustein in der Öffnungsstrategie der Kunsthalle Bremen, mit der neue Zielgruppen erreicht und breite kulturelle Teilhabe ermöglicht werden sollen. Partizipation und barrierearme Vermittlung sind hierfür Leitmotive und charakterisieren auch die vorgestellte Web-App.