
Demokratie erleben: Wie Offenburg Stadtgeschichte für Geflüchtete erlebbar macht
Demokratie zu verstehen ist ein Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe – doch für viele Zugewanderte ist die deutsche Geschichte schwer zugänglich. Die Stadt Offenburg hat deshalb ein innovatives Projekt ins Leben gerufen: Mit Stadtführungen, Museumsbesuchen und interaktiven Workshops ermöglicht sie Geflüchteten einen niedrigschwelligen Zugang zur deutschen Demokratiegeschichte. Für dieses Engagement wurde Offenburg mit dem ersten Platz beim Staatsanzeiger Award in der Kategorie „Kommune für alle“ ausgezeichnet.
Geschichte begreifen: Ein Projekt für Teilhabe und Orientierung
Viele Geflüchtete kennen die historischen Hintergründe Deutschlands nur bruchstückhaft. Insbesondere die Bedeutung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit sind in vielen Herkunftsländern kaum oder gar nicht präsent. Um hier eine Brücke zu schlagen, entwickelte die Stadt Offenburg ein mehrstufiges Bildungsangebot, das geschichtliche Inhalte mit Alltagswissen verbindet.
Drei Formate für gelebte Demokratie
Um Geschichte greifbar zu machen, setzt Offenburg auf drei zentrale Formate:
Salmen-Führungen und die Salmen-Werkstatt „Freiheit“: Der Salmen in Offenburg ist ein geschichtsträchtiger Ort – hier wurden erstmals demokratische Grundrechte gefordert. Heute vermittelt eine interaktive Werkstatt grundlegende Werte der Demokratie und regt zum Austausch an.
Stolpersteinführungen: In Kooperation mit lokalen Akteuren führen junge Guides Geflüchtete zu Stolpersteinen in der Stadt und erzählen die Schicksale der dort geehrten Opfer des Nationalsozialismus.
Stadt- und Museumsführungen: Diese Touren helfen Geflüchteten, sich in ihrer neuen Umgebung zu orientieren, bieten Einblicke in die Stadtgeschichte und enden in der historischen Mikwe.
Durch den Einsatz von einfacher Sprache sowie Dolmetscher:innen wird sichergestellt, dass die Inhalte für alle Teilnehmenden verständlich sind.
Reichweite und Wirkung: Ein erfolgreicher Ansatz
Seit dem Start des Projekts im März 2024 fanden bereits neun Veranstaltungen mit rund 120 Teilnehmenden statt – weitere sind geplant. Die Rückmeldungen sind durchweg positiv:
Viele Geflüchtete nutzen die Führungen, um außerhalb ihrer Sprachkurse Deutsch zu üben. Die interaktiven Formate regen außerdem dazu an, Bezüge zur eigenen Lebensrealität herzustellen und Demokratie als lebendiges Konzept zu begreifen.
Insbesondere die Stolpersteinführungen wurden als emotional eindrucksvoll wahrgenommen – einige Teilnehmer:innen baten sogar darum, Blumen an den Gedenksteinen niederzulegen.
Finanzierung: Ein sozial nachhaltiges Modell
Das Projekt wird aus Mitteln des städtischen Integrationsbüros finanziert und ist für Teilnehmende kostenfrei. Die bisherigen Ausgaben in Höhe von rund 4.500 Euro flossen vor allem in:
- die Anpassung von Materialien in einfacher Sprache,
- Dolmetscher:innen für mehrsprachige Angebote,
- museumspädagogische Inhalte für Führungen und Workshops.
Auch zahlreiche Partnerorganisationen engagieren sich ehrenamtlich, darunter das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus Offenburg“.
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Warum das Projekt beim Staatsanzeiger Award überzeugte
Die Jury würdigte das Offenburger Konzept als beeindruckendes Beispiel für gelungene Integration durch Bildung. Indem Geschichte erlebbar gemacht wird, erhalten Geflüchtete einen Zugang zu gesellschaftlichen Werten – und damit auch zur eigenen Rolle in der neuen Heimat.
Offenburg zeigt: Demokratievermittlung kann inklusiv, interaktiv und nachhaltig gestaltet werden – mit großem gesellschaftlichem Mehrwert.