Auch ein Jahr, nachdem weite Teile der öffentlichen Verwaltung erstmals in den „Lockdown“ gingen, besteht noch Unsicherheit, wie Vergabeverfahren rechtssicher unter „Corona-Bedingungen“ durchgeführt werden können. In den vergangenen Monaten haben Verwaltungen jedoch wichtige Erfahrungswerte gesammelt und dabei für die meisten Probleme pragmatische Lösungen gefunden. Die nächsten (und hoffentlich letzten) Monate mit Corona sind deshalb auch aus Sicht der öffentlichen Beschaffung zu schaffen.
Bieter sind gerüstet
Die letzten Monate haben gezeigt, dass Bieter dank guter Home-Office-Lösungen weiter in der Lage sind, an Ausschreibungsverfahren teilzunehmen. Auch eine Verlängerung von Fristen zur Angebotserstellung ist nicht per se erforderlich. Dies kann im Einzelfall anders sein, wenn sich plötzlich Rahmenbedingungen durch neue Regelungen (vollständige Ausgangsbeschränkung etc.) ändern würden. Darauf sollte die Vergabestelle spätestens nach Rückfragen von Bietern reagieren und Fristen situationsabhängig verlängern.
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Verfahrensabwicklung/Angebotsöffnung
Kleinere Probleme bestehen nach wie vor auf Verwaltungsseite, da diese immer noch nicht flächendeckend für das mobile Arbeiten ausgerüstet ist. Sofern die Vergabeverfahren nur im „Schichtbetrieb“ mit Büropräsenz betreut werden können, muss sichergestellt sein, dass stets geschultes Personal mit entsprechender Software als „Not-Reserve“ vor Ort präsent ist. Sofern die Ausschreibungen aus dem Home-Office betreut werden können, besteht die Herausforderung lediglich in der Öffnung der Angebote. Die E-Vergabe-Tools der Anbieter lassen zwischenzeitlich überwiegend zu, dass sich zwei Mitarbeiter von unterschiedlichen Computern aus zeitgleich zur Angebotsöffnung einloggen können. Alternativ können auch Tools wie „TeamViewer“ für die digitale Angebotsöffnung nach dem 4-Augen-Prinzip genutzt werden.
Schwieriger wird es bei Angeboten in Papierform, insbesondere bei nationalen Bauausschreibungen mit bieteröffentlicher Submission. In diesen Fällen führt an der Angebotsöffnung in den Verwaltungsräumlichkeiten im 4-Augen-Prinzip kein Weg vorbei. Doch durch größere Räumlichkeiten, Maskenpflicht und entsprechenden Abstand dürften auch hierbei die Hygiene-Vorschriften der Corona-Verordnungen eingehalten werden können. Insofern ist ein Ausschluss von Bietern beim Submissionstermin nicht notwendig.
Bieterpräsentationen, Aufklärungsgespräche und Verhandlungen
Präsentations-, Aufklärungs- oder Verhandlungstermine können auch unter den derzeit geltenden Vorschriften bei Einhaltung der entsprechenden Hygiene-Auflagen als Präsenzveranstaltungen stattfinden, sofern es sich lediglich um inländische Bieter handelt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass als Alternative auch eine Video-Konferenz ohne größere inhaltliche Abstriche möglich ist.
Fazit
Die Corona-Krise hat es wieder einmal gezeigt: Das Beschaffungswesen funktioniert dank eines flexiblen Vergaberechts auch in außergewöhnlichen Zeiten. Auch im Umgang mit neuer Technik wie Videokonferenz-Systemen sind zwischenzeitlich alle Akteure geübt, sodass bei öffentlichen Ausschreibungen sich das allermeiste wieder in gewohnten Bahnen bewegt.