
Der Beitrag wurde im April 2025 aktualisiert.
Der Transparenzgrundsatz gem. § 97 Abs. 1 GWB ist einer der tragenden Pfeiler im Vergaberecht. Aus dem Grundsatz ergibt sich, dass ein Vergabeverfahren von Beginn an und fortlaufend dokumentiert werden muss. Die Dokumentation erfolgt in der Vergabeakte, die sich aus der Vergabedokumentation und dem Vergabevermerk sowie die mit dem Vergabeverfahren zusammenhängenden Unterlagen zusammensetzt. Die Dokumentation ist Ihre zentrale Verpflichtung als öffentlicher Auftraggeber.
Die Vergabedokumentation als Hauptbestandteil
Mit der Vergabedokumentation werden die einzelnen Schritte des Vergabeverfahrens von Beginn an fortlaufend in Textform dokumentiert. Nach § 126b BGB sind die Mindestanforderungen:
- Datum
- Name
- Unterschrift des Ausstellers
Die Papierform ist nicht zwingend und die Verfügbarkeit der relevanten Dokumente über eine e-Vergabeplattform ist ausreichend.
Zur Dokumentation gehören nach § 8 Abs. 1 S. 2 VgV bzw. §8 SektVO, § 6 KonzVgV,§ 20 EU-VOB/A zum Beispiel die Dokumentation
- der Kommunikation mit Unternehmen und interner Beratungen,
- die Vorbereitung der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen,
- die Verhandlungen und die Dialoge mit dem teilnehmenden Unternehmen.
Die Dokumentation soll einem mit der Sache befassten Dritten in die Lage versetzten, die einzelnen Entscheidungen des Auftraggebers nachzuvollziehen. Das heißt: Die Dokumentation muss so erfolgen, dass in einem Nachprüfungsverfahren die Entscheidungen des Auftraggebers nachvollzogen werden können.
Insbesondere Entscheidungen mit Spielräumen (Ermessen, Beurteilungsspielraum) oder das Eingreifen von Ausnahmevorschriften sind besonders sorgsam („aussagekräftig“) zu begründen (OLG Düsseldorf, 24.03.2021, VII-Verg 34/20; VK Bund, 13.04.2022, VK 1 – 31/22). Als Auftraggeber weisen Sie in einem etwaigen Vergabenachprüfungsverfahren mit der Dokumentation nach, dass Sie das Vergaberecht eingehalten haben (Beweisfunktion).
Der Vergabemerk nach Abschluss des Verfahrens
Mit dem Vergabevermerk werden die einzelnen Schritte des Vergabeverfahrens dokumentiert. Der gesondert zu erstellende Vergabevermerk darf im Gegensatz zur restlichen Dokumentation erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens erstellt werden (BR-Drucks. 87/16, S. 162). Die Mindestinhalte des Vergabevermerks ergeben sich aus dem Vergaberecht selbst (§ 8 VgV, § 8 SektVO, § 6 KonzVgV, § 20 EU VOB/A, § 6 UVgO, § 20 VOL/A).
Zu den Mindestinhalten des Vergabevermerks zählt etwa:
- Name und Anschrift des Auftraggebers
- Gegenstand und Wert des Auftrags
- die Namen der berücksichtigten und nicht berücksichtigten Bieter und die Gründe für ihre Auswahl bzw. die Ablehnung des Angebots
- den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl.
Haben Sie sich für ein Verhandlungsverfahren oder wettbewerblichen Dialog entschieden, müssen Sie Ihre Entscheidung und die Umstände, die dazu geführt haben, begründen.
Führt das Vergabeverfahren zu keinem Ergebnis und Sie verzichten auf die Auftragsvergabe, so müssen Sie dies ebenfalls im Vergabevermerk festhalten und begründen.
Neben den gesetzlich angeordneten Pflichtinhalten müssen alle Ihre Maßnahmen, in denen Sie Wertungs- oder Beurteilungsspielräume haben, dokumentieren.
Was gehört noch zu einer Vergabeakte?
In die Vergabeakte werden neben dem Vergabevermerk und der eigentlichen Vergabedokumentation alle Dokumente aufbewahrt, die mit dem Vergabeverfahren im Zusammenhang stehen. Dazu gehören etwa:
- die Kommunikation mit Unternehmen (z.B. Aufforderung zur Angebotsabgabe, Nachrichten)
- interne Beratungen (Protokolle)
- die Vergabeunterlagen
- die Angebote bzw. Teilnahmeanträge und Interessensbestätigungen
- Informationsschreiben an Bieter und Bieterfragen
- gegebenenfalls Rügen und deren Beantwortung
Wie lange muss die Vergabeakte aufbewahrt werden?
Die Dokumentation, der Vergabevermerk sowie die Angebote, Teilnahmeanträge, Interessenbekundungen, Interessenbestätigungen und ihre Anlagen müssen bis zum Ende der Laufzeit des jeweiligen Vertrages oder der Rahmenvereinbarung aufbewahrt werden, mindestens für die Dauer von drei Jahren ab Zuschlagserteilung (§ 8 Abs. 4 VgV, § 8 Abs. 3 SektVO, § 6 Abs. 2 UVgO, § 20 EU VOB/A i.V.m. § 8 VgV).
Was passiert, wenn Sie gegen die Dokumentationspflichten verstoßen?
Die Einhaltung der Vorschriften zur Dokumentation kann im Vergabenachprüfungsverfahren überprüft werden; Verstöße gegen Dokumentationspflichten führen zu einem Dokumentationsmangel. Die Vorschriften über die Vergabedokumentation sind „bieterschützend“. Dokumentationsmängel können deshalb vor den Vergabekammern beanstandet werden. Ein Nachprüfungsverfahren hat aber nur dann Erfolg, wenn sich die Dokumentationsmängel auf die Rechtsstellung des Bieters im Vergabeverfahren ausgewirkt haben. Der Dokumentationsmangel führt dazu, dass das Vergabeverfahren in den Zeitpunkt vor Entstehung der Dokumentationsmängel zurückversetzt wird.
In einem gewissen Umfang hat die Rechtsprechung anerkannt, dass Dokumentationsmängel im Nachprüfungsverfahren geheilt werden können. So ist es zulässig, eine detaillierte Begründung im Nachprüfungsverfahren nachzureichen. Eine Heilung bzw. ein Nachschieben von Gründen ist jedoch nur möglich, sofern die Transparenz des Vergabeverfahrens gesichert ist und keine Anhaltspunkte für eine Manipulation vorliegen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.02.2020, VII-Verg 2/19).