Bei öffentlichen Ausschreibungen wollen Sie als öffentlicher Auftraggeber alles richtigmachen. Und dann kommt sie doch, die Rüge. Welche Möglichkeiten Sie zum Umgang mit einer Rüge haben und welche Folgen daraus entstehen können, lesen Sie in diesem Beitrag.
Selbstkontrolle
Die Rüge soll in erster Linie eine Selbstkontrolle bei Ihnen auslösen. Ziel ist es, dass Sie das eigene Vergabeverhalten überprüfen und ggf. korrigieren. Dazu besteht zwar keine Verpflichtung, in der Praxis findet das aber meistens statt. Die Rüge dient oberhalb der EU-Schwellenwerte außerdem dazu, Rechtsschutz vor den Vergabekammern bzw. Gerichten zu erhalten. Es können aber nur Verstöße gegen Vergabevorschriften gerügt werden, wie z.B.
- Diskriminierungen (Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte, selektive Informationsübermittlung, Besichtigungstermine nur mit einigen Bietern, ungleiche Dauer von Aufklärungsgesprächen)
- zu kurze Fristen
- unerfüllbare Anforderungen
- fehlende kalkulationsrelevante Informationen
- ungerechtfertigte Angebotsausschlüsse
Gerügt werden muss dabei immer gegenüber Ihnen als öffentlicher Auftraggeber.
Die Bieter haben in der Regel 10 Kalendertage nach Erkennen eines Vergabeverstoßes Zeit, um eine Rüge einzureichen. Anders ist es unter anderem dann, wenn ein Verstoß nicht erkannt wurde, aber in der Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen erkennbar war. In diesen Fällen muss der Verstoß bis zu der in der Bekanntmachung bzw. in den Vergabeunterlagen genannten Frist zur Bewerbung oder Angebotsabgabe gerügt werden. Danach tritt Präklusion ein, das heißt der Bieter kann sich vor der Vergabekammer nicht mehr mit Erfolg auf den Vergabeverstoß berufen.
Mögliche Reaktionen auf eine Rüge
Sie haben drei Möglichkeiten, um auf eine Rüge zu reagieren. Dabei erfolgt eine Reaktion aufgrund der kurzen Fristen im Vergaberecht regelmäßig innerhalb von wenigen Tagen.
- Sie können der Rüge abhelfen, indem Sie etwa die Vergabeunterlagen abändern. Die Abhilfe der Rüge kommt immer dann in Betracht, wenn Sie nach einer Auseinandersetzung mit der Rüge (Selbstkontrolle) einen Vergabeverstoß für möglich oder gegeben halten. Die Abhilfe sollten Sie dem Bieter ankündigen – schon, um eine (voreilige) Einreichung eines Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer zu verhindern.
- Sie können der Rüge nicht abhelfen, wenn Sie – ggf. nach Einholung von Rechtsrat – davon ausgehen, dass Sie nicht gegen Vergaberecht verstoßen haben und die mit der Rüge geäußerten Einwände nicht zutreffen. Dem Bieter teilen Sie das durch eine sog. Nichtabhilfemitteilung mit.
- Sie können die Rüge reaktionslos lassen. Das ist in der Praxis aber selten und ist für das Vergabeverfahren nicht förderlich. Es schützt auch nicht vor Nachprüfungsverfahren, denn dieses setzt eine Beantwortung der Rüge nicht voraus (vgl. VK Bund, Beschluss vom 13.12.2013 – VK 1-111/13).
Folgen bei Nichtabhilfe einer Rüge
Helfen Sie der Rüge nicht ab, kann ein Bieter oder Bewerber Rechtsschutz bei den Vergabekammern (Oberschwellenvergabe) bzw. den Gerichten (Unterschwellenvergabe) in Anspruch nehmen.
Oberhalb der EU-Schwellenwerte hat ein Bieter nach der Nichtabhilfemitteilung 15 Kalendertage (bzw. 10 Kalendertage bei Vorabinformation nach § 134 Abs. 2 GWB) Zeit, um bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag einzureichen. Ein verspäteter Nachprüfungsantrag ist nicht erlaubt.
Auch wenn Sie auf eine Rüge nicht reagiert haben, kann ein Bieter Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer einreichen. Zwischen der Rüge und der Stellung des Nachprüfungsantrags muss grundsätzlich keine Wartefrist liegen; für eine Wartefrist gibt es keine gesetzliche Grundlage. Für den Bieter kann eine Antragsstellung bei der Vergabekammer aber zur Tragung der Kosten der Vergabekammer führen, wenn der Bieter keine Reaktion abwartet und der öffentliche Auftraggeber der Rüge dann abhilft.
Fazit
Erhalten Sie trotz sorgfältiger Arbeit eine Rüge, ist das noch kein Grund für Panik. Prüfen Sie, ggf. auch mit Rechtsbeistand, den Gegenstand der Rüge und entscheiden Sie dann, wie Sie reagieren möchten. Eine sauber geführte Dokumentation des Vergabeverfahrens ist nicht nur ohnehin erforderlich, sondern unterstützt Sie dabei und zwar auch im Falle eines Nachprüfungsverfahrens.