Was Sie bei der Veröffentlichung einer Ausschreibung beachten müssen!
Oberhalb wie unterhalb der EU-Schwellenwerte müssen Sie Ihre Absicht, einen öffentlichen Auftrag vergeben zu wollen, bekannt geben (Auftragsbekanntmachung). Ob Sie europaweit oder national veröffentlichen müssen und wie, ergibt sich im Wesentlichen aus den jeweiligen Vergabevorschriften. Was es im Einzelnen zu beachten gibt und ob es mit dem vergaberechtlichen Pflichtprogramm getan ist, lesen Sie in diesem Beitrag.
Veröffentlichungspflichten oberhalb der EU-Schwellenwerte
Oberhalb der EU-Schwellenwerte gibt Ihnen das auf die jeweilige Auftragsart anzuwendende Vergaberecht vor, dass Sie Ihre Vergabeabsicht in einer Auftragsbekanntmachung europaweit veröffentlichen müssen (vgl. §§ 37, 40 Abs. 1 Satz 1 VgV, § 12 EU VOB/A 2019, § 40 Abs. 1 SektVO, § 66 Abs. 1 VgV). Die Vergabevorschriften legen auch fest, was mindestens in der Bekanntmachung enthalten sein muss.
Die Auftragsbekanntmachungen übermitteln Sie dem Amt für Veröffentlichung der Europäischen Union, das dann auch die Veröffentlichung vornimmt (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 VgV, § 12 EU Abs. 1 Nr. 4 VOB/A 2019, § 40 Abs. 2 SektVO). Die Übermittlung müssen Sie mit elektronischen Mitteln über eNotice oder TED-eSender vornehmen; eine Übermittlung per Fax oder Post ist nicht mehr zulässig. Außerdem sind die Standardformulare für Auftragsbekanntmachungen der Europäischen Kommission zu verwenden.
Am einfachsten ist es, wenn Sie die Standardformulare gleich online bearbeiten und übermitteln. Die Auftragsbekanntmachung erscheint dann auf der Plattform „Tenders Electronic Daily“ (TED), die die Online-Version des „Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union“ ist.
Veröffentlichungspflichten unterhalb der EU-Schwellenwerte
Unterhalb der EU-Schwellenwerte haben Sie als öffentlicher Auftraggeber mehr Spielräume. Eine europaweite Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union ist nicht vorgeschrieben. Die Auftragsbekanntmachung erfolgt vielmehr national und richtet sich nach den jeweiligen haushaltsrechtlichen Vergabevorschriften.
Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge muss die Auftragsbekanntmachung auf den Internetseiten des Auftraggebers oder auf Internetportalen veröffentlicht werden. Zusätzlich können Auftragsbekanntmachungen in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern oder Fachzeitschriften erfolgen. Auftragsbekanntmachungen auf Internetseiten des Auftragsgebers oder auf Internetportalen müssen aber zentral über die Suchfunktion des Internetportals „www.bund.de“ ermittelt werden können (vgl. § 28 Abs. 1 UVgO. Ähnlich schon § 12 Abs. 1 VOL/A 2016).
Im Baubereich sind die Vorgaben sogar noch liberaler. Öffentliche Ausschreibungen sind danach zum Beispiel in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern oder auf unentgeltlich nutzbaren und direkt zugänglichen Internetportalen zu veröffentlichen. Sie können auch auf „www.service.bund.de“ veröffentlichen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2019).
Wichtig: Beachten Sie die landesspezifischen Verwaltungsvorschriften. Hier finden Sie ergänzende Vorgaben. So gibt z.B. Ziff. 12.2.2 der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung) für die Behörden und Betrieben des Landes Baden-Württemberg vor, dass die Auftragsbekanntmachung in der Regel zumindest im Internet auf den Plattformen www.service.bund.de und www.service-bw.de erfolgen soll, sowie in geeigneten Fällen zusätzlich in der Fach- und Tagespresse.
Mehr fordert das vergaberechtliche Pflichtprogramm von Ihnen nicht.
Gibt es weitergehende Veröffentlichungspflichten?
Nicht selten werden Sie als öffentlicher Auftraggeber aber von privaten Plattform-Betreibern aufgefordert, Ihnen Informationen zu ihren Ausschreibungen zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Auskunftsanspruch besteht nach keinem der in solchen Fällen typischerweise genannten Gesetze.
Häufig wird auf einen angeblichen Anspruch nach Presserecht verwiesen, weil es um Auskünfte gegenüber Landesbehörden gehe. Auf das Presserecht kann sich aber nur derjenige stützen, der – unabhängig vom Medium – Informationen selbst aufbereitet und diese Texte dann veröffentlicht. Wer nur auf seiner Onlineplattform Bekanntmachungen sammelt, ist keine Presse. Nach § 4 Landespressegesetz müssen in der Tat alle Landesbehörden der Presse umfassend Auskunft geben. Für Ausschreibungsbekanntmachungen und weitere Informationen aus dem unter- und oberschwelligen Vergaberecht gilt aber eine Ausnahme: Sie sind von dem Auskunftsanspruch nicht betroffen. Zentrales Element von Vergabeverfahren ist, einen Geheimwettbewerb zwischen den Bietern zu gewährleisten, was mit einem Auskunftsanspruch nicht vereinbar ist.
Weiter wird häufig mit dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) argumentiert. Tatsächlich existiert ein Anspruch auf Auskunft für jedermann, nachdem das Vergabeverfahren abgeschlossen ist. Lediglich Details der Angebote und Bieter dürfen nicht genannt werden. Im laufenden Vergabeverfahren bestehen aber auch nach IFG keine Auskunftsansprüche.
Schließlich wird oft das Gesetz über die Weiterleitung von Informationen öffentlicher Stellen (IWG) genannt. Dieses Gesetz greift erst, wenn die weitere Verwendung von bereits veröffentlichten Informationen begehrt wird. Einen Auskunftsanspruch schließt das Gesetz hingegen ausdrücklich aus. Ist eine Vergabeinformation aber bereits veröffentlicht und z.B. auf Vergabe24.de eingestellt, müssen Sie die dort eingestellten Informationen auch anderen Plattformen zur Verfügung stellen. Dabei können Sie folgende Fälle unterscheiden:
- Bekanntmachungen
Zu Bekanntmachungen insb. nationaler Vergabeverfahren, den klassischen Auftragsbekanntmachungen oder den sog. Ex ante und Ex post Veröffentlichungen, muss ein für alle Informationsanbieter (zeitgleicher) und freier Zugang bestehen. Bekanntmachungen müssen allerdings nicht aktiv weitergegeben, sondern nur auf einer Plattform bereitgestellt werden.
- Nachfragen zu vergebenen Aufträgen, die nicht veröffentlicht werden
Informationen zu abgeschlossenen Vergabeverfahren (z.B. zum Auftragnehmer, dessen Adresse, Auftragssumme, Anzahl der Bieter, Datum der Auftragserteilung, Submissionsergebnisse etc.), die nicht im Rahmen der Ex post Veröffentlichung bekannt gemacht werden, müssen Sie nicht weitergeben, weil das IWG keinen Auskunftsanspruch, sondern nur einen Weitergabeanspruch begründet.
- Anforderung von Vergabeunterlagen durch „Nichtbewerber“ An Vergabeverfahren Unbeteiligte haben keinen Anspruch auf Weitergabe von unveröffentlichten Informationen aus dem Verfahren (z.B. Bieterinformationen).
Damit bleiben Vergabeverfahren auch nach dem IWG was sie sein sollen: ein Geheimwettbewerb.
Der Blogbeitrag ist eine Gemeinschaftsarbeit von Prof. Dr. Markus Köhler und Dr. Corina Jürschik, LL.M.
Beide Autoren sind bei OPPENLÄNDER Rechtsanwälte mbB in Stuttgart tätig. Prof. Dr. Markus Köhler arbeitet seit vielen Jahren im Bereich Presserecht und ist Lehrbeauftragter der Reportageschule Zeitenspiegel in Reutlingen. Dr. Corina Jürschik, LL.M. ist Fachanwältin für Vergaberecht und schon lange im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe tätig.
OPPENLÄNDER Rechtsanwälte mit Sitz in Stuttgart zählt bei einer Teamgröße von ca. 40 Anwältinnen und Anwälten zu den TOP 50 Kanzleien in Deutschland. Die Beratungspraxis umfasst sämtliche Bereiche des Wirtschaftsrechts. Dies gilt insbesondere auch für das Vergabe-, Presse- und Arbeitsrecht.