In den letzten Jahren haben sich die Erwartungen an Behörden verändert. Sie müssen deutlich mehr informieren als noch vor wenigen Jahren. Bürger:innen erwarten Transparenz und eine proaktive Bürgerkommunikation. Das ist anspruchsvoll, bietet aber die Chance, in einen nachhaltigen Dialog mit den Bürger:innen einzutreten. Ein zentraler Erfolgsfaktor dafür sind verständliche Texte.
Zugegeben: Es ist nicht ganz einfach für Behörden. Schließlich sollen sie kompetent, sachlich und professionell auftreten, gleichzeitig aber nicht mit trockenem Amtsdeutsch daherkommen. Der Schlüssel ist die Sprache: Es kommt auf die richtigen Formulierungen und den passenden Tonfall an. Grundsätzlich fußt eine moderne Bürgerkommunikation auf einer einfachen Sprache, die bei aller Seriosität näher am gesprochenen Wort ist. Das klingt abstrakt, ist aber mit einigen textlichen Kniffen leicht umzusetzen.
Beamtendeutsch killt jegliche Verständlichkeit
Viel ist bereits gewonnen, wenn Sie es schaffen, den sogenannten Nominalstil zu vermeiden. Er findet besonders häufig den Weg in Publikationen von öffentlichen Trägern. Auch Anwalts- und Steuerkanzleien wenden ihn mit einer gewissen Selbstverständlichkeit an. Der Nominalstil ist daher auch als Kanzlei- oder Beamtendeutsch bekannt.
Der Nominalstil macht etwas Eigentümliches: Er verwandelt Verben in Nomen (= Substantive). Darum spricht man auch von Substantivierungen.
Ein Beispiel:
Das Betreten des Geländes hat Bestrafung zur Folge.
betreten <-> Das Betreten
bestrafen <-> Bestrafung
Der Nominalstil gehört zu den größten Verständnisbarrieren in der deutschen Sprache. Gerade im Kontext von Behörden und Verwaltungen trägt er dazu bei, dass Bürger:innen auf Anträge verzichten oder Formulare nicht ausfüllen, weil sie schlicht die Texte nicht verstehen.
Abgesehen davon klingt der Nominalstil auf eine unangenehme Weise sachlich bis negativ. Die Bürgerkommunikation wirkt von oben herab, unpersönlich und unfreundlich. Kein Wunder, denn die substantivierten Verben haben ihre Lebendigkeit verloren und dem Text fehlt jegliche Dynamik. Kurz gesagt: Den Nominalstil gilt es mit allen Kräften zu vermeiden. Das ist zum Glück einfach. Sie müssen lediglich die substantivierten Verben auflösen und wieder in aktive Verben verwandeln, so wie bei dem Beispiel oben:
Wer das Gelände betritt, wird bestraft.
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Fachsprache bremst die Leser:innen aus
Damit ein Text verständlich ist, muss die Sprache der Zielgruppe angepasst sein. Stattdessen spiegeln viele Texte eher die Sprachgewohnheiten der Verfasser:innen wider. Das erkennt man beispielsweise an Fachbegriffen, die in vielen Abteilungen, Fachbereichen und Behörden existiert. Ein paar Beispiele:
Fahrtrichtungsanzeiger, Bagatellgastronomie, Grüngutsammelplatz
Das Problem: Diese Begriffe verstehen nur Eingeweihte. Für alle Außenstehenden fällt die Verständlichkeit ins Bodenlose.
Überprüfen Sie jeden Text kritisch auf unverständliche Fachbegriffe. Wenn sich ein Wort nicht aus dem Zusammenhang heraus erklärt, ersetzen Sie es durch eine verständliche Alternative. Wenn es unbedingt dieser Ausdruck sein muss, nehmen Sie sich die Zeit, das Wort wenigstens in einem knappen (Neben-)Satz zu erklären. Auf Websites oder in Broschüren bieten sich dafür Textboxen an.
Abkürzungen – sinnvoll oder nicht?
BMVI, BMFSFJ, BStBl – gerade im behördlichen Zusammenhang wimmelt es nur so von sperrigen Abkürzungen. Zum guten Schreibstil gehört es, Abkürzungen in einem Fließtext aufzulösen und auszuschreiben. Eine Variante besteht darin, der ersten Nennung die Abkürzung in Klammern anzustellen. Dann können im weiteren Verlauf des Textes beide Versionen – ausgeschriebene Version und Abkürzung – synonym vorkommen.
In Behörden herrscht Verlängeritis
Und zu guter Letzt hat sich noch eine ganz absonderliche Marotte im Behördendeutsch eingeschlichen: Das eigentlich unerklärliche Verlängern von Begriffen. Aus einem Plan wird fast selbstredend eine Planung oder sogar Rahmenplanung. Wem das nicht reicht, der macht daraus noch die jährliche Rahmenplanung. Anhänge wie -lich (z. B. gemeindlich, verkehrlich) findet man im Amtsdeutsch ebenfalls viel zu häufig. Dabei ist ein „Jahresplan“ doch eine sehr verständliche und treffende Formulierung im Vergleich zur „jährlichen Rahmenplanung“.
Und wenn die Wörter nicht eh schon lang und kompliziert genug klingen, wird aus einer Vollstreckung sogar noch die Vollstreckungsmöglichkeit. Solche sogenannten Komposita blähen Texte zusätzlich und völlig unnötig auf.
Fazit: Verständlich schreiben in der Behörde
Texte in der Bürgerkommunikation sind Gebrauchstexte; sie wollen und sollen oft wichtige Inhalte vermitteln. Entsprechend muss die Sprache zur Situation und Zielgruppe passen, sowie der Textart und Botschaft entsprechen. Ein guter Schreibstil hilft Ihnen dabei: Er erhöht die Lesefreundlichkeit und die Verständlichkeit Ihrer Texte enorm. Und das macht Textqualität letztlich aus.
Mit diesen Praxistipps überprüfen Sie sich und ihre Texte in Zukunft einfach selber:
- Lösen Sie substantivierte Verben möglichst auf.
- Nutzen Sie aktive Verben – im Deutschen wird viel zu viel „ge-wurdet“.
- Verwenden Sie Fachsprache und Abkürzungen nur wenn es notwendig ist.
- Bleiben Sie bei kurzen, verständlichen Begriffen und vermeiden Sie Komposita.
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