Führungskräfte sind Alleskönner und Wundermenschen – dieser Eindruck könnte durchaus entstehen, wenn die vielfältigen Ansprüche betrachtet werden, die an sie gestellt werden – vor allem vor dem Hintergrund der zunehmenden Herausforderungen in der öffentlichen Verwaltung. Da könnten Führungskräfte schnell den Kopf in den Sand stecken und nach der Vogel-Strauß-Taktik das Wichtigste aus dem Blick verlieren – nämlich die eigenen Mitarbeitenden. Denn auch wenn die Ansprüche an Führungskräfte sehr groß sind, ist es wichtig daran zu denken, dass eine ihrer wesentlichen Aufgaben die Führung der Mitarbeitenden ist. In diesem Zusammenhang kann ich nicht stark genug betonen, wie wesentlich diese Aufgabe ist. Vor allem vor dem zunehmenden Fachkräftemangel kommt Führungskräften eine entscheidende Rolle zu. Sie sind es häufig, die bewusst oder auch unbewusst dazu beitragen, dass Mitarbeitende bleiben (oder auch, ob sie sich innerhalb der Organisation weiterentwickeln) oder gehen.
Die Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden wurde lange Zeit allein der Personalentwicklung als Aufgabe zugeschrieben. Zunehmend wird allerdings deutlich, dass auch Führungskräfte eine wesentliche Rolle für die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden spielen.
Potentiale entdecken und entwickeln
Niemand ist näher an den Mitarbeitenden als die jeweilige Führungskraft. Sie kennt ihre Mitarbeitenden und weiß, was diese auszeichnet – wo ihre Potentiale und Ressourcen liegen.
Wann haben Sie sich selbst oder Ihre Führungskräfte das letzte Mal gefragt, welche besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten die Mitarbeitenden haben?
Hier liegt der Ansatzpunkt. Ohne dass die Potentiale der Mitarbeitenden Ihnen bekannt sind, können diese auch nicht für die Organisation genutzt oder gar zielgerichtet weiterentwickelt werden.
Wissen die Führungskräfte von den Entwicklungswünschen der Mitarbeitenden?
Es ist unabdingbar, regelmäßig im Gespräch zu sein und sich auszutauschen. So erfahren Sie:
- Welche Entwicklungsziele haben die Mitarbeitenden?
- Welche Weiterentwicklung streben sie an?
- Welche Karriereziele haben sie gegebenenfalls?
- Was kann die Führungskraft dazu beitragen? Wie kann die Personalentwicklung hier unterstützen?
Um dann eine Kompetenzentwicklung zu ermöglichen oder die Talente in der Organisation sichtbar zu machen, z.B. im gemeinsamen Austausch zwischen Personalentwicklung und Führungskräften in Talentrunden.
Mitarbeitende fordern und fördern
Jeder möchte mit dem, was er kann, gesehen werden und seine Fähigkeiten auch einsetzen. Wenn möglich sollten Mitarbeitende daher entsprechende Arbeitsaufgaben ausführen, die es ihnen ermöglichen, sich selbst kompetent zu erleben. Für Führungskräfte bedeutet dies, in angemessenem Umfang Verantwortung zu übertragen. Fördern geht einher mit fordern.
Förderung geschieht allerdings auch im Zusammenhang mit Weiterbildungsmaßnahmen. Hier liegt es an der Führungskraft, ob ein Transfer in den Arbeitsalltag stattfindet oder es einfach ein „netter Veranstaltungsbesuch“ war mit interessanten Impulsen. Bereits vor dem Veranstaltungsbesuch gilt es zu klären, wieso das Seminar oder die Tagung besucht wird, welche Relevanz sie für die Ausführung der Arbeitsaufgabe oder zur individuellen Weiterentwicklung hat und wie sichergestellt werden kann, dass möglichst viel aus der Veranstaltung im Nachgang auch angewendet wird. Dies kann beispielsweise in einem Vorbereitungsgespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden besprochen und vereinbart werden. Im Nachgang zum Seminar oder der Tagung kann darauf Bezug genommen werden und die Führungskraft so konkret den Transfer fördern.
Vor allem bei längeren Qualifizierungen kann die Führungskraft viel dazu beitragen, indem sie Interesse zeigt und beispielsweise regelmäßige Transfergespräche ansetzt. An ihr liegt es auch, eine Wissensweitergabe und damit informelle Kompetenzentwicklung im Team zu initiieren und zu fördern.
Vorbild sein
Sie sollten die Bedeutung der Rolle der Führungskraft als Vorbild nicht unterschätzen. Führungskräfte geben ein starkes Signal in dem, was sie tun oder nicht tun. Besteht zum Beispiel kein Interesse an der eigenen Weiterentwicklung oder der Auseinandersetzung mit neuen Themen, so ist das eine klare Aussage für die Mitarbeitenden. Selbst wenn sich diese von sich aus gerne weiterqualifizieren würden, so werden sie doch zögerlich sein, sich mit diesem Wunsch an ihre Führungskraft zu wenden. Entsprechend sollten sich Führungskräfte selbst fragen:
Was hat mich in meiner Entwicklung gefördert? Welche Führungskraft möchte ich für meine Mitarbeitenden sein? Welche Signale sende ich an meine Mitarbeitenden in der eigenen Kompetenzentwicklung?
Personalentwicklung und Führungskräfte – Hand in Hand
Führungskräfte spielen eine wichtige Rolle für die Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden, aber natürlich nicht die alleinige. Der Bereich Personalentwicklung hat die Fachexpertise. Und auch die Mitarbeitenden tragen eine Selbstverantwortung für ihre eigene Entwicklung, die ein gewisses Eigenengagement und Kommunikation miteinschließt. Als Personalentwicklung kommt Ihnen die Aufgabe zu, als Fachexpert:innen Führungskräfte und Mitarbeitende zu beraten, zu begleiten und zu unterstützen. Beziehen Sie die Führungskräfte mit deren Wissen bezüglich ihrer Mitarbeitenden unbedingt ein.
Was wenn?
Als Personalentwicklung fragen Sie sich vielleicht:
Was wenn die Führungskräfte nur sehr verhalten bereit sind, Verantwortung im Bereich der Weiterentwicklung von Mitarbeitenden zu übernehmen?
Die häufigsten Antworten, die genannt werden, wieso Führungskräfte sich bezüglich der oben genannten Aspekte zögerlich verhalten, sind:
- Führungskräfte haben keine Zeit im Tagesgeschäft für Mitarbeiterentwicklung.
- Es fehlt ihnen an Wissen, wie sie die Kompetenzentwicklung konkret unterstützen können.
- Führungskräfte sind sich dieser Aufgabe und Anforderung gar nicht bewusst.
Hier können Sie als Personalentwicklung gegensteuern. Es gilt den Führungskräften die Aufgabe und vor allem auch langfristige Bedeutung (Stichwort: Personalbindung in der Organisation) bewusst zu machen. Gegebenenfalls benötigen die Führungskräfte auch Wissen, wie sie konkret die Kompetenzentwicklung in der Organisation unterstützen können. Und eventuell braucht es auch eine entsprechende Qualifizierung der Führungskräfte. Daher abschließend einige Impulse, um in Ihrer Verwaltung die Umsetzung zu fördern:
- Machen Sie auf das Thema aufmerksam.
- Informieren und sensibilisieren Sie auf geeignete Weise.
- Thematisieren Sie das Führungsverständnis in Ihrer Organisation.
- Schaffen Sie Möglichkeiten der Qualifizierung von Führungskräften zum Thema.
- Bieten Sie Führungskräftecoaching zur Unterstützung an.
- Initiieren Sie kollegiale Beratung unter den Führungskräften.
- Binden Sie Führungskräfte als Impulsgeber:innen, Dozierende oder Mentor:innen in Bildungsmaßnahmen ein.
- Halten Sie das Thema fortlaufend präsent.
- Seien Sie mutig in der Ausgestaltung Ihrer Rolle als Personalentwicklung!