Von wegen verstaubt: Instagram Challenge verpasst Museen ein neues Image
Dauerausstellung im Museum? Klingt nach großen, wenig besuchten Räumen mit vielen verstaubten Objekten. Ein reines Vorurteil, wie das Historische Museum der Pfalz in Speyer mit seiner erfolgreichen #strangethingschallenge bei Instagram bewiesen hat.
Wie gewinnen wir bei Instagram und Facebook mehr Abonnent:innen? Wie steigern wir unser Image, erhalten mehr Aufmerksamkeit für die Branche und vernetzen uns besser mit anderen Museen? In Teamarbeit und ohne Agentur entwickelten die Stabsstellen für Neue Medien sowie für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Historischen Museums der Pfalz innerhalb von nur einer Woche eine kreative Antwort auf diese Herausforderung – mit der Kampagne #strangethingschallenge.
Startschuss mit der „Weinkrone der Palatia“
Zunächst: Was ist eigentlich eine Instagram Challenge? Ein Account, in diesem Fall @hmpspeyer, gibt über einen definierten Zeitraum ein Thema vor und lädt andere Instagram-Accounts dazu ein, dieses ebenfalls aufzugreifen. Das verbindende Element zwischen allen Teilnehmenden ist dabei ein vorgegebener Hashtag, dem die Nutzer:innen folgen können. Für die Reichweite sorgt zudem der Schneeballeffekt: Die ersten Nominierten fordern ihrerseits weitere Accounts zum Mitmachen auf usw.
Der Startschuss für die #strangethingschallenge fiel im Januar 2019. Da war der Instagram Account des Historischen Museums der Pfalz erst ein paar Monate alt. Das erste Bild der Initiatoren aus Speyer zeigte, wie soll es in einer Weingegend auch anders sein, die „Weinkrone der Palatia“. „Dieses gute Stück aus Holz, Zelluloid, Draht, Papier und Seide stammt aus dem Jahr 1910 und wurde tatsächlich bei der Eröffnung unseres Museums von einer jungen Dame namens Elisabeth Ferkel getragen“, postete das Redaktionsteam mit einem Augenzwinkern. In den kommenden fünf Tagen nominierte es fünf weitere Museen, bei der Challenge mitzumachen.
Der Schneeball kam schnell ins Rollen. „Viele Museen ergriffen die Chance und präsentierten sich mit humorvollen Posts und Kommentaren als interessante Institution, deren Sammlung einen Besuch wert ist“, erzählt Susanne Schilz vom Team Neue Medien.
Sie freut sich noch heute über die „vielen tollen Rückmeldungen, das Interesse der Nutzer und dass es bei unserer Challenge wirklich ‚social‘ zur Sache ging. Es fanden rege Diskussionen zwischen Nutzern und Museen unter vielen Posts statt. Teilweise haben sogar Nutzer Museen dazu aufgefordert, sich ebenfalls zu beteiligen.“
Sprung in die Medien
Als die ersten 500 Posts auf Instagram zusammengekommen waren, veröffentlichte das Historische Museum der Pfalz eine Pressemitteilung zur Challenge. Diese wurde bundesweit von Zeitungen, Magazinen, Online-Portalen, Hörfunk und Fernsehen aufgegriffen. So schaffte die #strangethingschallenge den Sprung vom reinen Online-Phänomen in den klassischen Kanon der Medien. Neben Instawalks, Selfie-Points und Bloggerreisen erwies sich die Challenge laut Susanne Schilz als erstklassiges Instrument, um das Historische Museum der Pfalz in einem neuen Personenkreis bekannt zu machen.
Doch damit nicht genug: „Als i-Tüpfelchen wurden wir für die Kampagne #strangethingschallenge für den Europäischen Kulturmarken-Award 2019 nominiert und mit dem Marketingpreis Rhein-Neckar 2019 in der Kategorie „Kommunikation“ ausgezeichnet“, berichtet Susanne Schilz.
Insta-Challenge: Kein Erfolg ohne intensives Management
Eine Insta-Challenge wie diese ist kein Selbstläufer. Der Aktionsradius sollte möglichst breit werden, um sicherzustellen, dass das Schneeballsystem ins Rollen kommt. Daher wurden die ersten fünf nominierten Häuser laut Susanne Schilz mit Bedacht und nach verschiedenen Kriterien ausgewählt – etwa nach Standort, Museumssparte, Wahrscheinlichkeit der Teilnahme oder Anzahl der Abonnenten. Zudem führte das Team Telefonate, um eine mögliche Beteiligung vorab abzuklären.
Ab Start der Challenge begann eine Zeit des intensiven Community Managements. Das Team in Speyer verfolgte die Challenge permanent. Jeder einzelne Post, der unter dem Hashtag #strangethingschallenge erschien, wurde kommentiert, jedem neuen Museum für die Teilnahme gedankt. Zudem wurde jedes Haus daran erinnert, nicht nur selbst zu posten, sondern auch weitere Museen für die Teilnahme zu nominieren. „Der Erfolg der Kampagne hing nicht zum geringen Maß auch von einer konsequenten „Rund um die Uhr“-Betreuung ab“, betont Susanne Schilz.
Der Aufwand hat sich gelohnt: Die #strangethingschallenge hat nicht nur dem Historischen Museum der Pfalz Lorbeeren eingebracht, sondern der gesamten Museumsbranche geholfen. Die Kampagne hat viele Menschen auf Museen aufmerksam gemacht, die sie noch nicht kannten. Dabei haben sie gelernt, dass „Dauerausstellungen in Museen“ durchaus spannend, informativ und unterhaltsam sein können. In Speyer gibt es jetzt übrigens eine eigene Vitrine für die #strangethings aus der Sammlung.