Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterliegt bestimmten Regeln. Je nachdem wer die Aufträge erteilen will, welcher Auftragswert damit verbunden ist und um welchen konkreten Auftragsgegenstand es sich handelt, muss entweder das Haushaltsrecht und/oder das EU-Vergaberecht angewendet werden.
An sich ist die Trennung und Unterscheidung der beiden rechtlichen Rahmen ganz einfach. Aller 2 Jahre legt die EU-Kommission den sogenannten Schwellenwert fest. Dieser liegt derzeit etwa für Bauleistungen bei 5.350.000 Euro und für Dienst- und Lieferaufträge bei 214.000 Euro (Stand: Juli 2020). Erreicht der geschätzte Auftragswert nicht diesen Schwellenwert kommt das Haushaltsrecht zum Einsatz. Liegt er bei diesem Schwellenwert oder auch darüber tritt zum Haushaltsrecht das EU-Vergaberecht hinzu. Das Haushaltsrecht kommt also immer zur Anwendung. Bei Widersprüchen zwischen EU-Vergaberecht und Haushaltsrecht hat das EU-Vergaberecht jedoch grundsätzlich Vorrang.
In besonderen Fällen greifen aber auch die europarechtlichen Regelungen dann ein, wenn der Auftragswert den Schwellenwert nicht erreicht. In den Fällen des so genannten grenzüberschreitenden Interesses ist zusätzlich das EU Primärrecht (z.B. Dienstleistungsfreiheit, Niederlassungsfreiheit) zu beachten und die beabsichtigte Vergabe in geeigneter Art und Weise europaweit bekanntzumachen.
Mehr Wettbewerb oder mehr Wirtschaftlichkeit
Der wesentliche Unterschied zwischen beiden ist, dass das EU-Vergaberecht streng vom Wettbewerbsgedanken geprägt ist. Das EU-Vergaberecht gibt durch die Verfahrensregelungen und Vergabegrundsätze dem EU-Binnenmarkt seinen rechtlichen Rahmen und regelt den Zugang zu nationalen Märkten für EU ansässige Unternehmen. Das Haushaltsrecht hingegen zielt in erster Linie auf die sparsame und wirtschaftliche Verwendung der öffentlichen Mittel ab.
Der rechtliche Rahmen bestimmt die Verfahrensart
Das Haushaltsrecht variiert zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Es ist in den jeweiligen Haushaltsordnungen und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften geregelt. Diese verweisen zumeist auf die UVgO bzw. auf den Abschnitt 1 der VOB/A. Das EU-Vergaberecht ist einheitlich geregelt. Es leitet sich aus den EU-Vergaberichtlinien ab und wurde in den §§ 97 ff. GWB, der VgV, der VSVgV, der SektVO, der KonzVO, Abschnitt EU und VS der VOB/A und weiteren bundeseinheitlichen Regelungen (z.B. PBefG) umgesetzt.
Die möglichen Vergabeverfahrensarten im EU-Vergaberecht und im Haushaltsrecht sind unterschiedlich ausgeprägt. Die im Haushaltsrecht bestehenden Möglichkeiten einer Verhandlungsvergabe, einer freihändigen Vergabe bzw. eines Direktauftrags sind in dieser Form im EU-Vergaberecht nicht geregelt.
Mehr Rechtsschutz oberhalb der Schwelle
Ein weiterer Unterschied besteht beim Rechtsschutz. So sieht das EU-Vergaberecht einen eigenständigen, einklagbaren Anspruch auf Einhaltung der Vergabevorschriften vor. Im Rahmen des Haushaltsrechts besteht kein, auf die Verhinderung eines Zuschlags gerichteter und sich unmittelbar aus den Verfahrensvorschriften ergebende Rechtsschutz. Verfahrensverstöße können nur im Rahmen der Rechtsaufsicht oder im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens gerügt beziehungsweise angegriffen werden.
Gemeinsam sind beiden Verfahrensregelungen die Grundsätze des Wettbewerbs, der Diskriminierungsfreiheit, der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Ebenso sind mittelständische Interessen durch eine losweise Vergabe zu berücksichtigen.
CREUTZ VON MALTZAHN Rechtsanwälte berät und vertritt schwerpunktmäßig öffentliche Auftraggeber in allen Bereichen des Vergaberechts, des Bau- und Immobilienrechts, des Architekten- und Ingenieurrechts und ausgewählten Bereichen des (öffentlichen) Wirtschaftsrecht. Sie öffentlichen Auftraggebern einen Kommunalservice zur Unterstützung der Verwaltung an. Darüber hinaus betreut die Kanzlei mittelständische Unternehmen und Privatpersonen.