Kritik in Social Media: 7 Tipps für die richtige Antwort
Social Media haben die Machtverhältnisse in der Bürgerkommunikation gehörig auf den Kopf gestellt. Die Bürger:innen sind sich ihrer neu gewonnenen Stärke durchaus bewusst: Dem Unmut über Wartezeiten an der Bürgerhotline, kontroverse Entscheidungen der Verwaltung oder schlicht die Öffnungszeiten wird in den sozialen Netzwerken Luft gemacht. Und das in aller Öffentlichkeit. Aber: Das muss nicht schlecht für Ihre Behörde sein, denn gerade in der Krise kann sich die öffentliche Hand als verlässliche Ansprechpartnerin beweisen.
Beim Umgang mit negativem Feedback in sozialen Netzwerken gibt es grundsätzlich zwei Wege: Rückzug oder Angriff. Letzteres kann man bei jungen Marken und Start-ups häufiger beobachten. Kritische Kommentare werden ordentlich durch den Kakao gezogen, gerne mit viel Ironie und Wortwitz. Das scheint den Nerv der Zeit zu treffen. Aber bietet sich das auch für Behörden und Verwaltungen an?
Angriff funktioniert nicht überall
Viele Fans feiern risikofreudige Social-Media-Manager:innen regelrecht für ihren Mut und ihre Schlagfertigkeit. Der Grad ist jedoch schmal. Kippt die Kommunikation, können die selbstbewussten Kommentare wie Brandbeschleuniger wirken. Die ablehnende Haltung gegenüber Einwänden aus der Community kommt nicht immer und überall gut an.
Rückzug ist die solidere Verteidigung
Fankritik kann man durchaus selbstbewusst begegnen, aber gefragt sind fähige Social-Media-Manager:innen, die nicht nur den Dialog im Web beherrschen, sondern zusätzlich über Fingerspitzengefühl und PR-Kenne verfügen. Nicht zuletzt brauchen die Ausführenden die Rückendeckung der gesamten Behörde – die Führungsriege eingeschlossen. Ob man diesen Weg geht, ist eine strategische Entscheidung in der Öffentlichkeitsarbeit. Manche Behörde mag sich darin wiederfinden, viele andere werden sich mit dieser Herangehensweise unwohl fühlen.
Tipp
Für die meisten Behörden ist Rückzug bei negativem Feedback daher der sichere Weg. Dabei geht es nicht unbedingt darum, vor jedem Kommentar „einzuknicken“. Aber oft genug hat die geäußerte Kritik eine Berechtigung. Wenn dem so ist, sollten Eitelkeiten keine Rolle spielen.
So gehen Sie mit negativen Kommentaren um
Mit einer lösungsorientierten Schadensbegrenzung lassen sich die meisten unfreundlichen Rückmeldungen schnell eindämmen. Dabei hilft eine strukturierte und professionelle Herangehensweise.
1. Kritik richtig einordnen
Als Erstes gilt es herausfinden, um welche Art von Feedback es sich handelt. Denn nicht jeder negative Kommentar ist tatsächlich auch eine Antwort wert. Wenn jemand tatsächlich ein konkretes Problem hat oder konstruktiv kritisiert, verdient dieses Feedback eine Antwort. Manchmal ist die Kritik grundsätzlich berechtigt, aber der Absender hat vielleicht Fehlinformationen in seinem Feedback verwendet. Dann stellen Sie dies richtig, ohne die Kritik abzuwerten oder überheblich zu klingen.
Wenn der Kommentar von Trollen kommt, lohnt sich eine Antwort oft gar nicht, denn den Absendern geht es nicht um Lösungen, sondern um das Beschweren an sich. Trolle sind die Mühe einer sachlichen Antwort nicht wert: „Don’t feed the troll!“
2. Zügig antworten
Studien zeigen, dass kurze Reaktionszeiten von zwei bis vier Stunden erwartet werden. Es ist sicher nicht ganz leicht, dieses Tempo zu halten. Trotzdem ist es wichtig, zügig zu reagieren. Das gilt ganz besonders, wenn Kritik eintrudelt. Denn damit hat man die Möglichkeit, den negativen Eindruck abzufedern, bevor eine Welle losgetreten wird.
Komplizierte Abstimmungsprozesse in der Behörde verlangsamen die Reaktionszeiten. Darum ist es sinnvoll, Antworten für wiederkehrende Fragen vorzubereiten. Entscheider:innen, die bei sensiblen Themen ins Boot geholt werden müssen, sollten erreichbar sein und das Anliegen entsprechend priorisieren.
Dennoch: Bevor man sich selber in Emotionen verliert oder sogar unsachlich antwortet, ist es besser, einen Moment abzuwarten und das Feedback eine Stunde später mit kühlem Kopf noch einmal zu betrachten.
3. Die richtige Sprachebene
Behörden müssen und sollen sachlich und korrekt informieren. Das führt aber leider oft zu dem berühmt-berüchtigten Behördendeutsch. Dies wirkt oft überheblich und ist in der Krisenkommunikation ganz besonders zu vermeiden. Antworten Sie so, wie sich eine ganz normale Person in einer ähnlichen Situation verhalten würde. Oder so, wie man es selbst als Kritikübende:r von seinem Gegenüber erwartet. PR-Sprache und unverständliches Fachchinesisch würden Ihnen in der Situation sicherlich auch nicht weiterhelfen.
4. Keine Standardantworten!
In Social Media gibt immer mal wieder ähnliche Anfragen oder Kritikpunkte. Trotz ausführlicher Informationen auf der Website lässt sich das nicht vermeiden. Dann ist es verlockend, auf Anfragen mit einem bereits verwendeten Text zu reagieren. Davon sollte man besser Abstand nehmen, denn man weiß nie, wer mitliest. Es ist besser, jede Anfrage spontan und individuell zu beantworten. Auch wenn der Sachverhalt der gleiche ist. Je nach Tagesform werden Ihre Antworten immer ein wenig anders ausfallen.
Tipp
5. Finger weg vom Löschen-Button
Eine schnelle und einfache Lösung bei Kritik: einfach löschen. Leider nein, davon ist tunlichst abzuraten. Damit verstößt man nämlich gegen eine ganze Reihe von Prinzipien wie Transparenz, Respekt vor der Community, Meinungsaustausch, die in Social Media wichtig sind. Gerade wenn Akteur:innen der öffentlichen Hand negatives Feedback löschen oder Nutzer:innen blockieren, steht der Vorwurf der Zensur schnell im Raum.
Das Löschen von Posts ist nur dann gerechtfertigt, wenn darin rassistische oder beleidigende Inhalte vorkommen, die ggf. eine Einzelperson angreifen. Mit Kritik muss man leben – oder sich aus den Social Media fernhalten.
6. Auf das Problem konzentrieren
Es passiert leicht, dass kritische Kommentare eine persönliche Ebene erhalten. Lassen Sie sich darauf nicht ein, denn das gerät schnell außer Kontrolle. Ein kleines Missverständnis hier, eine Fehlinterpretation dort, und schon steckt man mitten in einem Kommentar-Scharmützel. Konzentrieren Sie sich in der Antwort immer auf den eigentlichen Kritikpunkt und lassen Sie alles Persönliche außen vor.
Postet jemand einen kritischen Kommentar, der nicht eindeutig ist, fragen Sie ruhig nach. Schließlich geht es bei Social Media um Interaktion. Eine Teilantwort ist nicht zielführend, denn dann sieht es so aus, als würde man sich um die Antwort drücken. Eine Rückfrage ist vollkommen in Ordnung und zeigt, dass Sie das Problem verstehen möchten – anstatt eine Standardantwort abzuschicken.
7. Kritisches Feedback als Chance verstehen
Negative Rückmeldungen lassen sich in den allermeisten Fällen ins Gegenteil umkehren. Denn die zunächst unzufriedenen oder enttäuschten Bürger:innen zeigen für ein transparentes und hilfreiches Krisenmanagement durchaus Anerkennung. Nicht selten wird am Ende daraus sogar eine positive Erfahrung mit der Behörde, die ohne die schlechte Ausgangssituation nie entstanden wäre.
Betrachten Sie negatives Feedback daher als Chance, Ihre Stärke als moderne Verwaltung unter Beweis zu stellen. Mit der Zeit wird es immer einfacher werden, auch mit Kritik umzugehen – und auch Sie werden einiges Positives für Ihr Amt daraus ziehen können.