
LinkedIn gehört zu den sozialen Netzwerken, die Sie als Behörde im Jahr 2022 verstärkt im Blick haben sollten.
Was haben die Stadtverwaltung Köln, Pascal Ziehm von der Polizei Sachsen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemeinsam? Alle drei Behörden sind bei LinkedIn aktiv! Das soziale Netzwerk gilt als Recruiting-Plattform, bietet aber viel mehr. In diesem Artikel verrät Ihnen Social-Media-Beraterin Christiane Germann, was das „Business-Facebook“ alles kann, ob sich ein Einsatz konkret Ihre Behörde jetzt lohnt und wie Sie es als Amt am besten einsetzen.
Was ist LinkedIn?
LinkedIn hat XING als wichtigste Business-Plattform im Social Web abgelöst. Das zu Microsoft gehörende Netzwerk hat beeindruckende 750 Millionen Mitglieder, davon 16 Millionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. LinkedIn gilt als Recruiting-Plattform, ist aber weit mehr: ein Ort des Austauschs für berufliche Themen, ein Platz zum Netzwerken, eine Personal-Branding- und Lernplattform. Für Behörden bietet sich hier ein enormes Potenzial!
Viele LinkedIn-Funktionen sind von Facebook bekannt: Der Newsfeed ebenso wie die Möglichkeit, Beiträge zu liken und zu teilen, Videos zu posten oder live zu gehen. Was beide jedoch unterscheidet ist die strikte Konzentration auf berufliche Themen. Statt Urlaubs- und Essens-Fotos sind hier spannende Branchen-Infos und Fach-Diskussionen mit Mehrwert gefragt! Das schlägt sich auf die Tonalität im Netzwerk nieder: Die Mitglieder gehen höflich, hilfsbereit und kollegial miteinander um – ganz wie im Job oder auf einer „echten“ Netzwerk-Veranstaltung. „Shitstorms“ sind mir auf LinkedIn noch nie zu Gesicht gekommen.
Netzwerken und Recruiting: LinkedIn für Behörden
Ist LinkedIn für unsere Behörde geeignet?
LinkedIn wird derzeit für den öffentlichen Dienst immer relevanter. Doch heißt das automatisch, dass auch Ihr Amt dort richtig ist?
Das wichtigste Entscheidungsmerkmal ist, ob Ihre Zielgruppe dort vertreten ist. LinkedIn ist ähnlich wie Twitter kein Netzwerk für die direkte Bürgerkommunikation. Suchen Sie aber neue Mitarbeiter:innen oder möchten sich mit Kolleg:innen aus dem öffentlichen Dienst und Expert:innen vernetzen und austauschen: dann sind Sie auf der Plattform goldrichtig! Auf LinkedIn werden Themen diskutiert, die für nahezu jede Behörde interessant sind: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, (Weiter-)Bildung und Recruiting – um nur einige wenige zu nennen.
Behörden-Seite oder persönliches Profil?
Ebenso wie auf Facebook können Sie sich für eine „Unternehmensseite“ (analog zur Fanpage) und/oder für ein persönliches Profil (als Mitarbeiter:in, als Behördenleitung) entscheiden.
Was ich Ihnen empfehle? Beides!
Eine Unternehmensseite beziehungsweise Behörden-Seite ist als „Visitenkarte“ Ihres Amts sinnvoll. Dort können Sie Inhaltliches (kurze Beiträge oder längere Artikel) posten – aber nicht aktiv interagieren. Sie müssen vielmehr passiv abwarten, ob jemand Ihre Inhalte mag oder kommentiert und können dann allenfalls antworten. Ein persönliches Postfach gibt es für Seiten nicht.
Viel spannender sind daher (ergänzend) persönliche Profile. Einige Behördenleitungen (zum Beispiel der Rostocker Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen oder die Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen) haben sich von CEOs wie Timotheus Höttgen (Telekom) oder Tina Müller (Douglas) inspirieren lassen und sind persönlich auf LinkedIn aktiv. Claus Ruhe Madsen sagte mir, dass er auf LinkedIn viel höhere Reichweiten als auf Instagram erzielt und das Netzwerk in Deutschland noch „unterschätzt“ ist. Doch nicht nur die behördliche Führungsebene ist auf LinkedIn präsent! Auch Mitarbeiter:innen aus dem Personalwesen, aus der Behördenkommunikation (z.B. Alyssa Meister von der Polizei NRW oder Katharina Kirsch vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst) und anderen Bereichen bringen sich dort informativ und meinungsstark ein und treiben die Bekanntheit und Vernetzung ihrer Dienstherren voran.
Wie können wir über LinkedIn Mitarbeiter:innen finden?
Auf LinkedIn stehen Ihnen kostenpflichtige Recruiting-Funktionen („Recruiter Lite“) zur Verfügung. An dieser Stelle soll es jedoch um kostenfreie Möglichkeiten gehen, LinkedIn für Ihr Employer Branding und Ihre konkrete Suche nach Fach- und Nachwuchskräften einzusetzen.
Meine klare Empfehlung: Setzen Sie auf persönliche Profile Ihrer Mitarbeiter:innen und unterstützen Sie sie dabei, zu „Corporate Influencern“ Ihrer Behörde auf LinkedIn zu werden! Potenzielle Bewerber:innen möchten in Zeiten von Social Media selbstverständlich wissen: Welche Menschen wären dort meine Kolleg:innen? Vorbilder, an denen Sie sich orientieren können, sind unter anderem Stephanie Tönjes und Karim Cheranti von der Deutschen Telekom, Pascal Ziehm von der Polizei Sachsen oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, in dessen Beiträgen regelmäßig echte Mitarbeiter:innen zu Wort kommen.
(Fachlicher) Austausch über LinkedIn: So geht’s!
Egal, ob Sie sich für eine Behörden-Seite entschieden haben oder als Person auf LinkedIn unterwegs sind: Folgende drei Tipps gebe ich Ihnen gerne mit auf den Weg.
- Verzichten Sie auf reine Selbstdarstellung. Selfies vorm Bundestag oder Fotos von fünf Personen beim Spatenstich können Sie in Ihr Tagebuch kleben – auf LinkedIn zählt fachlicher Mehrwert! Zeigen Sie also lieber ein konkretes Beispiel einer digitalen Leistung Ihrer Behörde und fragen Sie die Follower, ob sie dieses Thema bei sich ähnlich oder anders gelöst haben. Ebenfalls sehr beliebt: Geben Sie Learnings weiter, die Sie als Organisation oder als Person erfahren haben.
- Vorgefertigte und glattgezogene Texte auf persönlichen Profilen? Ein No-Go! Auf LinkedIn geht es darum, Persönlichkeit zu zeigen und sich auf Augenhöhe auszutauschen. Schreiben Sie Ihre Meinung zu fachlichen Themen, bringen Sie persönliche Erfahrungen mit ein, zeigen Sie Kompetenz und lassen Sie Ihre Haltung und Ihre Werte durchscheinen. Authentizität ist gerade bei Behörden, die nach außen bisweilen kalt und unnahbar wirken können, essenziell.
- Da LinkedIn ein soziales Netzwerk ist: Legen Sie viel Wert auf den Dialog! Kommentieren Sie regelmäßig Beiträge aus Ihrem Netzwerk oder lassen Sie zumindest ein „Gefällt mir“ da, vernetzen Sie sich per Kontaktanfrage mit fachlich interessanten Vertreter:innen Ihrer Zielgruppe, diskutieren Sie in Gruppen mit und reagieren Sie zeitnah auf Kommentare und Nachrichten.
Fazit
LinkedIn bietet Behörden eine tolle Plattform für fachliche Kontakte und inhaltlichen Austausch. Viele Ämter berichten mir, dass sie dort derzeit hohe Reichweiten erzielen. Meine Prognose: LinkedIn wird für den öffentlichen Dienst, für Behördenleiter:innen und Mitarbeiter:innen 2022 noch relevanter als bisher. Lediglich für die direkte Bürgerkommunikation ist es ungeeignet.
Christoph Eulberg
Für uns im Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) hat sich der Einstieg bei LinkedIn bereits gelohnt.