Photovoltaikanlagen auf kommunalen Dächern – Ausschreibungspflicht?
Betriebshöfe, Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser – eines haben diese kommunalen Gebäude gemein: Sie verfügen über Dachflächen, die für die Stromerzeugung durch Photovoltaik sinnvoll genutzt werden können. Neben der Beschaffung von Photovoltaikanlagen zur Eigennutzung besteht für Sie als Kommune die Möglichkeit, Ihre Dachflächen an Dritte zu verpachten mit oder ohne Verpflichtung des PV-Anlagen-Betreibers zur Abgabe des erzeugten Stroms an die Kommune. Welche Vorhaben ausschreibungspflichtig sind, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Beschaffung für Eigennutzung
Die Beschaffung einer Photovoltaikanlage zur anschließenden Eigennutzung stellt einen vergabepflichtigen Vorgang dar. Das heißt für Sie, dass Sie in diesem Fall auch die vergaberechtlichen Bestimmungen beachten müssen. Denn: Die Beschaffung einer Photovoltaikanlage müssen Sie ebenfalls als öffentlichen Auftrag nach § 103 Abs. 1 GWB qualifizieren. Je nach Fall müssen Sie jedoch klären, ob es sich bei dem Beschaffungsvorgang um einen öffentlichen Liefer– oder Bauauftrag handelt.
Enthält ein öffentlicher Auftrag sowohl Liefer- als auch Bauleistungsmerkmale, prüfen Sie als öffentlicher Auftraggeber was der Hauptgegenstand der Beschaffung ist. Sprich: Handelt es sich hauptsächlich um eine Bauleistung oder Lieferleistung?
Was sagt das Leistungsverzeichnis?
Ein Blick in das Leistungsverzeichnis lohnt sich. Ist dieses geprägt durch Montage- und Installationsarbeiten, also originär Bauarbeiten, handelt es sich um eine Bauleistung, die beschafft werden soll. Werden hingegen allein Photovoltaikanlagen beschafft, die ohne feste Verankerung errichtet werden, also Montage- und Installationsleistungen eine Nebenarbeit darstellen, ist die Lieferleistung der Hauptgegenstand der Beschaffung.
Nur durch die genaue Festlegung der Art der Beschaffung steht auch fest, welches Recht zum Tragen kommt. Handelt es sich um eine Bauleistung, erfolgt die nationale Ausschreibung nach den Bestimmungen der VOB/A, 1. Abschnitt. Denn regelmäßig ist bei der Beschaffung von Photovoltaikanlagen auf kommunalen Dächern der maßgebliche EU-Schwellenwert für Bauleistungen in Höhe von EUR 5.382 Mio. netto nicht überschritten. Liegt ein Lieferauftrag vor, muss ab Überschreiten des Schwellenwerts in Höhe von EUR 215.000,00 netto die Maßnahme nach den Bestimmungen der Vergabeverordnung (VgV) ausgeschrieben werden mit der Folge, dass Sie dem „strengeren“ EU-Vergaberegime unterworfen sind.
Zur Orientierung kann die immer noch aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 30. April 2014 (VII-Verg 35/13) herangezogen werden. Die ausgeschriebene Errichtung einer Photovoltaikanlage auf einer stillgelegten Abfalldeponie wurde trotz eines Anteils von lediglich 30% wegen der vertraglichen Bedeutung und des prägenden Charakters der Bauleistungen als Hauptgegenstand des Auftrags angesehen.
Reine Verpachtung kommunaler Dachflächen
Die reine Verpachtung von kommunalen, für die Installation von Photovoltaikanlagen geeigneten Dachflächen fällt nicht unter das Vergaberecht, da es sich um keinen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 103 Abs. 1 GWB handelt. Es erfolgt keine Beschaffung sondern eine Verpachtung. Die Kommune „beschafft“ keine Leistung, sondern überlässt einem Dritten lediglich ihre kommunalen Dächer zur Nutzung für die Installation von Photovoltaikanlagen. Sie tritt also nicht als Nachfrager, sondern als Anbieter der Leistung auf. Der Anwendungsbereich des Vergaberechts ist in diesen Fällen nicht betroffen.
Sonderfall: Verpflichtung zur Abgabe von Strom an Kommune
Sofern die Verpachtung kommunaler Dachflächen an einen PV-Anlagen-Betreiber mit der Verpflichtung zur Abgabe von Strom an die Kommune verbunden ist, fällt das Vorhaben unter die Bestimmungen des Vergaberechts. Denn die Verpachtung kommunaler Dachflächen wird in diesem Fall mit einer Beschaffung – dem Ankauf von elektrischem Strom – verknüpft. Betrachtet man es gesamt, handelt es sich um einen öffentlichen Lieferauftrag nach § 103 Abs. 2 GWB und ist damit ausschreibungspflichtig.
Neben dem Vergaberecht müssen Sie in diesem Fall auch die Bestimmungen des Beihilfenrechts beachten:
- Die kommunalen Dachflächen dürfen nicht unter Marktpreis verpachtet werden.
- Stellen Sie sicher, dass Sie für den Ankauf des Stroms einen marktüblichen Preis an den PV-Anlagen-Betreiber bezahlen. Ansonsten laufen Sie Gefahr, den PV-Anlagen-Betreiber entweder durch die zu niedrige Pacht oder die Entrichtung eines zu hohen Stromentgelts beihilfenrechtlich unzulässig zu begünstigen.