Vielfalt in der öffentlichen Verwaltung: Inklusion, Integration, Gender und mehr
Europäischer Preis für Integration und Vielfalt
Die Europäische Kommission verleiht jährlich den Preis „Europäische Hauptstädte für Integration und Vielfalt“. Ausgezeichnet werden Kommunen und Regionen, die sich für Förderung von Vielfalt und Integration in allen oben genannten Punkten einsetzen.
Im Jahr 2022 gewann die Stadt Köln den Goldpreis für Kommunen mit einer Einwohnerzahl von mehr als 50.000 Personen. In der Laudatio hieß es: „Die Bevölkerung der Stadt ist sehr vielfältig: Die Hälfte der hier lebenden 1,1 Mio. Menschen sind Nachkommen von Migrierten und über 200.000 Einwohnerinnen und Einwohner stammen aus 184 verschiedenen Ländern. Die Stadt Köln ist ein Gründungsmitglied des `Netzwerks der Regenbogenstädte´, und die Strategie `Kölner Perspektiven 2030+´ ist ein ehrgeiziger und umfassender Ansatz für Vielfalt und Integration in allen Bereichen. Das Personal hat sich an die Vorgaben gehalten und die Wirkung durch die Dokumentation von Indikatoren und Daten in einer Gleichstellungsdatenbank nachgewiesen..“
Auch die Stadt Ingelheim am Rhein erhielt 2022 eine Auszeichnung: „Mit einer Bevölkerung von 36.255 Menschen aus 110 Nationen – 23 % mit Migrationshintergrund – ist Vielfalt ein Kernelement der Politik mit Maßnahmen zur Entwicklung einer „Wir“-Kultur. Eine starke Verwaltungsinfrastruktur, eine klare Strategie und ein langfristiges Engagement ermöglichten diese Auszeichnung mit Silber. Es wird eine Kultur der Beteiligung gefördert, die sicherstellt, dass die von Diskriminierung betroffenen Gemeinschaften und Gruppen und ihre Verbände ein Mitspracherecht haben.“
Neben der Anerkennung durch solch internationale Auszeichnungen sind auch Vernetzungen hilfreich, um auf das Thema aufmerksam zu machen und erfolgreiche Diversitätspraktiken auszutauschen. Ein Beispiel ist das Netzwerk der Regenbogen-Städte.
Netzwerk der Regenbogen-Städte (Rainbow Cities Network – RCN)
Das Netzwerk der Regenbogen-Städte ist ein internationaler Zusammenschluss von Städten mit dem Ziel, auf lokaler Ebene die Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität zu bekämpfen. Im Mittelpunkt steht der Austausch von Know-how und Erfahrungen, um gegenseitig voneinander profitieren zu können. Seit seiner Gründung 2013 haben sich 48 Städte aus 22 Ländern dem Netzwerk angeschlossen. In Deutschland sind es die Städte: Berlin, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Köln, Mannheim, München, Nürnberg und Wiesbaden.
Die Bürgermeister:innen der jeweiligen Städte garantieren die politische Unterstützung der LGBTI community in ihrer Stadt und bringen die Erfahrungen in das Netzwerk ein. Jedes Mitglied des Netzwerks hat ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet. Jedes Memorandum besteht aus einer Seite und stellt die wichtigsten Maßnahmen der Stadt vor. Diese Profile veröffentlicht das Netzwerk als Best-Practice-Beispiele und vorbildliche Strategien und hofft auf Nachahmung.
Berlin verweist etwa auf die beiden LGBTI-Aktionspläne gegen Homo- und Transphobie, die seit 2010 entwickelt wurden. Dazu gehören die Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ sowie die Weiterentwicklung zur Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“. Zusätzlich werden die Kampagne „Lesbische Sichtbarkeit“ und die Initiative Obdachlosigkeit in der LGBTI-community vorgestellt.
Lesetipp
Diversity-Strategien der kommunalen Verwaltungen
Viele kommunale Verwaltungen haben das Thema Vielfalt mit allen sechs Ausrichtungen ganzheitlich umgesetzt und zu allen Maßnahmen entwickelt.
Beispiel Mannheim
Die Stadt Mannheim beschäftigt rund 8.600 Personen. Die bunt gemischte Bevölkerungsstruktur Mannheims soll sich in der Mitarbeiterschaft der Stadtverwaltung widerspiegeln. Dazu startete die Stadtverwaltung Mannheim im Jahr 2012 das Projekt „Vielfalts-Management“. Im Projekt standen – in Anlehnung an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – folgende Vielfalts-Ausrichtungen im Fokus:
- Geschlecht
- ethnische Herkunft
- Alter
- Behinderung
- Religion/Weltanschauung
- sexuelle Identität
Beispielhafte Ziele und Maßnahmen:
- Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund (bei Auszubildenden auf mindestens 20 Prozent)
- Förderung von Partizipation und Chancengleichheit
- Seit 2020 erscheint jährlich ein Gender Report, ab 2023 gesondert für jede Dienststelle.
- Seit 2020 wird das Bewerbungsmanagement genau analysiert, um geschlechtsspezifische Daten zu Bewerbungen, Einstellungen und Beförderungen zu erhalten.
- Schaffung eines Gemeinsinns bei kultureller Vielfalt
- Integration von Menschen mit Behinderungen in die Stadtgesellschaft
- Informationskampagnen über ein wahrheitsgetreues Bild von Menschen mit Behinderungen
- Maßnahmen zur barrierefreien Mobilität, insbesondere im ÖPNV
- Abbau von Barrieren beim Altbestand von städtischen Immobilien
In seinem 2019 verabschiedeten Leitbild für 2030 hat Mannheim sieben strategische Ziele formuliert. Ziel Nr. 3 bezieht sich auf das Vielfaltskonzept der Stadt: „Mannheim ist durch eine solidarische Stadtgesellschaft geprägt und Vorbild für das Zusammenleben in Metropolen. Die Gleichstellung der Geschlechter und die Anerkennung vielfältiger menschlicher Identitäten und Lebensentwürfe sind hergestellt.“
Beispiel Dresden
Mit dem Slogan „Vielfalt findet Stadt“ wirbt die Stadtverwaltung dafür, Stärken und Kompetenzen aller Beschäftigten auszubauen, unabhängig etwa von ihrer Herkunft oder ihrer Weltanschauung. Dresden beschäftigt weit mehr Menschen mit Schwerbehinderung, als gesetzlich vorgeschrieben ist, nämlich fast 10 Prozent. Die Stadt arbeitet eng mit der Schwerbehindertenvertretung zusammen und unterstützt alle Maßnahmen der Inklusionsvereinbarung.
Der Altersdurchschnitt der Beschäftigten liegt mit über 46 Jahren recht hoch. Dies versucht Dresden zu nutzen, indem die Stadt Mentoring einsetzt, damit jüngere Beschäftigte von den Erfahrungen der älteren Beschäftigten profitieren. Auch wird der Einstieg neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Arbeitsleben so erleichtert . Gleichzeitig soll eine verstärkte Ausbildungsförderung in zahlreichen Berufen junge Leute anwerben.
Beispiel Dortmund
Die Stadt Dortmund beschäftigt über 10.000 Personen. Unter dem Motto „Flagge zeigen für Vielfalt“ macht die Stadt immer wieder auf das Thema aufmerksam. Bereits 2007 gab der Rat der Stadt Dortmund der Verwaltung den Auftrag, einen lokalen Aktionsplan für Vielfalt, Toleranz und Demokratie zu erstellen. Unter anderem wurde die Stelle eines Sonderbeauftragten für Vielfalt, Toleranz und Demokratie geschaffen sowie die Mitgliedschaft in der „Charta der Vielfalt“. Mit ihrer 2019 in Kraft getretenen gesamtstädtische Personalentwicklungsstrategie geht sie deutlich über die Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes hinaus. Gerade hinsichtlich der Vielfalt und Chancengleichheit greift sie den Gleichstellungsgedanken und die Wertschätzung der Vielfalt der Belegschaft in allen Bereichen auf. Das zeigt sich auch beim Thema Diversity, bei dem die Stadt Dortmund alle Ausrichtungen im Fokus hat. Seit 2016 gibt es ein Mentoringprogramm für eine neue Führungskräftegeneration, bei dem der Anteil teilnehmender weiblicher Mentees wegen der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen deutlich überwiegt.
Fazit
Viele kommunale Verwaltungen haben auf den Wandel der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schon früh mit mehr Vielfalt nach innen und außen reagiert. Sie haben ihre Integrations- und Gleichstellungsstrategien überprüft und die Diversity-Ansätze verstärkt. Hilfreich dabei sind Vorzeigebeispiele, die international ausgezeichnet werden sowie die zunehmende Vernetzung und Kooperation der Kommunen. So können erfolgreiche Maßnahmen kommunaler Diversitätspolitiken bekannt gemacht und weiterverbreitet werden.
Für die öffentliche Verwaltung bedeutet Diversity Management gesellschaftliche Verpflichtung und organisationale Weiterentwicklung. Zudem stärken Kommunen mit diesen Personalkonzepten ihre Arbeitgeberattraktivität, ein wichtiger Aspekt in Zeiten des Fachkräftemangels.