Seit dem 01.06.2022 ist das Wettbewerbsregister des Bundeskartellamts „scharf“ gestellt. Das Wettbewerbsregister stellt Ihnen als öffentlichem Auftraggeber schnell und umfassend Informationen über Fehlverhalten von Unternehmen zur Verfügung. Als öffentlicher Auftraggeber sind Sie verpflichtet, das Wettbewerbsregister vor Erteilung eines Zuschlags im Vergabeverfahren abzufragen, sofern bestimmte Auftragswerte überschritten sind. Damit wird Ihnen die Prüfung der zwingenden und fakultativen Ausschlussgründe nach §§ 123 und 124 GWB erleichtert. Was Sie zum Wettbewerbsregister wissen müssen, lesen Sie in diesem Blogbeitrag.
Was steht im Wettbewerbsregister?
Im Wettbewerbsregister eingetragen werden rechtskräftige straf- und bußgeldrechtliche Entscheidungen aufgrund bestimmter Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die eine Eintragung in das Wettbewerbsregister zur Folge haben, sind alle in § 2 des Wettbewerbsregistergesetzes (WRegG) aufgeführt. Eingetragen werden zum Beispiel rechtskräftige Verurteilungen und Strafbefehle wegen aller in § 123 Abs. 1 GWB aufgeführten Straftaten, also etwa wegen Subventionsbetrug, Bestechung oder Vorteilsgewährung. Auch Verstöße gegen Vorgaben des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder des Mindestlohngesetzes können im Wettbewerbsregister eingetragen werden. Bei Verstößen gegen Kartellrecht werden ausnahmsweise sogar Entscheidungen von Kartellbehörden eingetragen, die noch nicht rechtskräftig sind.
Die Sanktionsentscheidung muss gegen ein Unternehmen gerichtet sein. Straftaten und Ordnungswidrigkeiten natürlicher Personen werden nur in das Wettbewerbsregister eingetragen, wenn ihr Verhalten einem Unternehmen zuzurechnen ist. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Person als Geschäftsführer des Unternehmens gehandelt hat.
Was müssen Sie als Auftraggeber im Vergabeverfahren machen?
Als öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 GWB müssen Sie das Wettbewerbsregister vor Erteilung des Zuschlags in einem Vergabeverfahren abfragen, wenn Ihr geschätzter Auftragswert über 30.000 € ohne Umsatzsteuer liegt. Unterhalb dieses Schwellenwertes können Sie das Register freiwillig abfragen. Führen Sie einen Teilnahmewettbewerb durch, können Sie das Wettbewerbsregister in Bezug auf diejenigen Bewerber, die Sie zur Abgabe eines Angebotes auffordern wollen, ebenfalls freiwillig abfragen.
Abfragen dürfen Sie das Register nur zu dem Bieter, der für den Zuschlag vorgesehen ist. Eine vorsorgliche Abfrage des Registers zu allen Unternehmen, die sich an Ihrem Vergabeverfahren beteiligt haben, ist nicht zulässig. Sie müssen also vor Ihrer Abfrage des Registers alle Angebote geprüft und gewertet haben, um zu wissen, welches Unternehmen den Zuschlag erhalten soll. Soll eine Bietergemeinschaft den Zuschlag erhalten, müssen Sie das Register für alle Mitglieder der Bietergemeinschaft abfragen.
Sie dürfen die Abfrage des Wettbewerbsregisters nicht umgehen. Bieter können zwar Auskunft über den sie betreffenden Inhalt des Wettbewerbsregisters beantragen. Sie dürfen den Bieter aber nicht zur Abfrage dieser Informationen „anstiften“, indem Sie die Vorlage dieser Informationen aus dem Wettbewerbsregister von ihm verlangen.
Wie erfolgt die Abfrage?
Das Wettbewerbsregister enthält vertrauliche Informationen. Abfragen des Registers sind deshalb nur registrierten Nutzern möglich. Als Auftraggeber müssen Sie dafür sorgen, dass Sie zur Abfrage des Registers in der Lage sind, also insbesondere über einen registrierten Zugang verfügen. Falls Sie sich noch nicht registriert haben gibt Ihnen das Bundeskartellamt als Registerbehörde hier Informationen zur Registrierung.
Die Abfrage des Registers erfolgt über das Web-Portal des Wettbewerbsregisters. Bei der Abfrage müssen Sie möglichst umfassende Angaben zu Ihrem Bestbieter machen, um eine sichere und schnelle Identifizierung des Unternehmens zu gewährleisten. Neben dem Namen und der Anschrift des Unternehmens helfen vor allem Angaben zum Registergericht, zu Registernummern und zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummern dabei, Ihren Bestbieter zu identifizieren. Die entsprechenden Angaben sollten Sie in Ihren Vergabeunterlagen deshalb abfragen.
Intern müssen Sie als Auftraggeber dafür sorgen, dass die Informationen aus dem Wettbewerbsregister nur denjenigen Mitarbeitenden zugänglich werden, die für die Bearbeitung des Vergabeverfahrens zuständig sind. Eine Abfrage durch externe Berater (z.B. Ingenieur- oder Architektenbüros) ist unzulässig. Die abgefragten Daten dürfen Sie nicht für andere Zwecke nutzen.
Wie helfen Ihnen die erhaltenen Informationen?
Die aus dem Wettbewerbsregister erhaltenen Informationen helfen Ihnen bei Ihrer Entscheidung über den Ausschluss eines Unternehmens vom Vergabeverfahren nach §§ 123 und 124 GWB. Die Ausschlussentscheidung wird Ihnen allerdings nicht abgenommen. Nach § 6 Abs. 5 WRegG entscheidet der Auftraggeber in eigener Verantwortung über den Ausschluss eines Unternehmens. Die Eintragung im Wettbewerbsregister führt also nicht automatisch dazu, dass Sie ein Unternehmen vom Vergabeverfahren ausschließen müssen. Die Angaben im Wettbewerbsregister versetzen Sie aber in die Lage, eine informierte Entscheidung zu treffen und diese zu dokumentieren. Sie müssen dabei nicht mehr allein den Angaben der Bieter vertrauen.
Reichen Ihnen die im Wettbewerbsregister hinterlegten Angaben für Ihre Entscheidung über den Ausschluss eines Unternehmens im Einzelfall nicht aus, können Sie von den Strafverfolgungsbehörden oder den zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berufenen Behörden ergänzende Informationen anfordern (§ 6 Abs. 6 WRegG).
Bei Ihrer Entscheidung über den Ausschluss eines Unternehmens vom Vergabeverfahren können und müssen Sie auch Selbstreinigungsmaßnahmen des Unternehmens nach § 125 GWB berücksichtigen. Hat ein Unternehmen nach Ihrer Auffassung erfolgreiche und ausreichende Maßnahmen zur Selbstreinigung ergriffen, können Sie von einem Angebotsausschluss absehen. Das gilt selbst dann, wenn das Bundeskartellamt als Betreiber des Wettbewerbsregisters Selbstreinigungsmaßnahmen des Unternehmens für unzureichend erachtet hat und deshalb eine vorzeitige Löschung der Eintragung im Wettbewerbsregister ablehnt. An die Entscheidung der Registerbehörde sind Sie nicht gebunden.
Die Abfrage des Wettbewerbsregisters vor Erteilung des Zuschlags ersetzt die Abfrage bei den Korruptionsregistern der Länder und des Gewerbezentralregisters. Es ist aber weiterhin möglich, das Gewerbezentralregister freiwillig abzufragen. Eine entsprechende Pflicht besteht nicht mehr.
Fazit
Das Wettbewerbsregister stellt Ihnen als öffentlichem Auftraggeber Informationen zu begangenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zur Verfügung, die Unternehmen zuzurechnen sind. Die Prüfung der Ausschlussgründe nach §§ 123 und 124 GWB wird Ihnen durch die zusätzlichen Informationen erleichtert. Dennoch bleiben Sie Herr des Verfahrens und müssen den Bestbieter, auch wenn er in dem Wettbewerbsregister geführt wird, nicht ausschließen. Sollten Sie sich für einen Ausschluss entscheiden, müssen Sie dies entsprechend in der Vergabeakte dokumentieren.
OPPENLÄNDER Rechtsanwälte mit Sitz in Stuttgart zählt bei einer Teamgröße von ca. 40 Anwältinnen und Anwälten zu den TOP 50 Kanzleien in Deutschland. Die Beratungspraxis umfasst sämtliche Bereiche des Wirtschaftsrechts. Dies gilt insbesondere auch für das Vergabe- und Kartellrecht.