
Eine vollständige und gut strukturierte Vergabeakte ist mehr als eine gesetzliche Pflicht – sie ist Ihre Lebensversicherung für ein rechtssicheres Verfahren. Fehlt sie oder ist sie unvollständig, drohen Ihnen gravierende Folgen.
Die rechtlichen Grundlagen und Mindestanforderungen an die Vergabeakte haben wir bereits in dem Beitrag „Wer schreibt, der bleibt – die Vergabeakte“ erläutert. Im Folgenden zeigen wir, welche praktischen Konsequenzen drohen, wenn die Dokumentation unvollständig ist – und wie Sie das vermeiden.
Warum die Vergabeakte für Sie so wichtig ist
Die Vergabeakte dokumentiert alle wesentlichen Entscheidungen und ihre Begründungen im Vergabeverfahren. Für Sie als öffentliche Auftraggeberin bzw. Auftraggeber ist sie damit nicht nur eine interne Arbeitsunterlage, sondern Ihre zentrale Beweisquelle gegenüber:
- Prüfstellen (z. B. Rechnungsprüfungsamt),
- Vergabekammern im Nachprüfungsverfahren,
- Gerichten in Streitfällen,
- Zuwendungsstellen, wenn Fördermittel im Spiel sind.
Die gesetzlichen Grundlagen finden sich u. a. in:
- § 8 VgV
- § 20 VOB/A
- § 30 UVgO
Ihr Nutzen: Mit einer lückenlosen Vergabeakte schaffen Sie Transparenz, sichern Rechtssicherheit und erhöhen die Effizienz Ihres Vergabeverfahrens.
Urteile, die verdeutlichen, worauf es ankommt
Die Rechtsprechung zeigt immer wieder, wie entscheidend eine sorgfältige Dokumentation ist. Besonders zwei Fälle machen deutlich, worauf Sie achten sollten:
- Nachvollziehbarkeit der Dokumentation: Das OLG Düsseldorf stellte klar, dass nur das Bestand hat, was nachvollziehbar niedergelegt wurde. Fehlende oder nachgeschobene Begründungen können im Nachprüfungsverfahren nicht mehr retten, was vorher versäumt wurde. Zur ausführlichen Urteilsbesprechung
- Begründung der Gesamtvergabe: Auch die Vergabekammer des Bundes betonte, dass die Entscheidung für eine Gesamtvergabe von trennbaren Bauleistungen sorgfältig und nachvollziehbar dokumentiert werden muss. Nur so hält sie einer rechtlichen Überprüfung stand. Zur Urteilsanalyse
Beide Entscheidungen zeigen Ihnen konkret, wie wichtig eine vollständige und begründete Vergabeakte ist – und geben Ihnen zugleich praxisnahe Orientierung, wie Sie Ihre Dokumentationspflichten rechtssicher umsetzen können.
Typische Problemfälle aus der Praxis
Vielleicht kommt Ihnen die eine oder andere Situation bekannt vor:
- Nachprüfungsverfahren: Die Kammer fordert die Akte an – wichtige Vermerke oder Bewertungsunterlagen fehlen.
- Rechnungsprüfung: Es gibt keine Begründung für die gewählte Vergabeart oder die Zuschlagsentscheidung.
- Fördermittelkontrolle: Fehlende Nachweise führen zur Nichtanerkennung von Ausgaben.
- Gerichtsverfahren: Der Entscheidungsweg ist nicht mehr nachvollziehbar.
In all diesen Fällen entstehen für Sie zusätzlicher Aufwand, rechtliche Risiken und ein potenzieller Reputationsschaden.
So gelingt Ihnen die prüffeste Vergabeakte
Damit Ihre Vergabeakte jeder Prüfung standhält, empfehlen wir:
- Frühzeitig anlegen – ab Verfahrensbeginn.
- Klare Gliederung – z. B. nach Phasen: Bekanntmachung, Eignung, Wertung, Zuschlag.
- Zeitnahe Dokumentation – Entscheidungen sofort begründen und festhalten.
- Vorlagen & Checklisten nutzen – für Vermerke, Bewertungsbögen und Kommunikationsprotokolle.
- Abschlussprüfung vor Zuschlag – Vollständigkeit und Logik sicherstellen.
- Zuständigkeiten festlegen – wer pflegt und prüft die Akte intern?
Wenn Sie diese Punkte berücksichtigen, gewinnen Sie im Ernstfall wertvolle Zeit – und können Nachprüfungsanträge oder Prüfverfahren souverän begegnen.
Ein Fall aus der Praxis – und was Sie daraus lernen können
In einem unserer Projekte musste eine öffentliche Vergabestelle kurzfristig ihre Vergabeakte vorlegen. Die vorhandenen Unterlagen aus der eVergabe-Lösung reichten nicht aus – die Prüfbehörde erkannte sie nicht als vollständige Akte.
Die Konsequenz: Nacharbeit unter enormem Zeitdruck und ein geschwächtes Vertrauen in die Vergabestelle. Solche Situationen lassen sich vermeiden, wenn Sie Ihre Akte von Anfang an systematisch führen.
TIPP: Staatsanzeiger Vergabeberatung
Die Vergabeberatung des Staatsanzeigers hilft Ihnen, Vergabeakten effizient und rechtskonform zu erstellen und zu prüfen. So vermeiden Sie typische Fehler wie fehlende Dokumentationen oder unklare Begründungen und sind bestens auf Prüfungen oder Nachprüfungsverfahren vorbereitet.
Fazit
Die Vergabeakte ist das Rückgrat jedes Vergabeverfahrens.
Wenn Sie sie vollständig, strukturiert und zeitnah führen, können Sie im Ernstfall gelassen reagieren – egal ob der Anruf von der Prüfbehörde, der Vergabekammer oder dem Rechnungsprüfungsamt kommt.
Die Vergabeberatung des Staatsanzeigers unterstützt Sie dabei, Ihre Vergabeakten rechtssicher, effizient und praxisnah zu erstellen, zu strukturieren und zu prüfen – damit es gar nicht erst zu bösen Überraschungen kommt.