Öffentliche Aufträge dürfen Sie nur an geeignete Bieter vergeben, bei denen keine Ausschlussgründe vorliegen (vgl. § 122 Abs. 1 GWB, § 42 Abs. 1 VgV, § 31 Abs. 1 UVgO). Unterschieden wird dabei zwischen zwingenden Ausschlussgründen und nicht zwingenden („fakultativen“) Ausschussgründen. Beteiligt sich an Ihrem Vergabeverfahren ein Bieter, der einen zwingenden Ausschlussgrund erfüllt, müssen Sie den Bieter zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens ausschließen. Sind Sie sich nicht sicher, ob ein zwingender Ausschlussgrund vorliegt, müssen Sie Anhaltspunkten im Rahmen Ihrer Möglichkeiten nachgehen. Dabei hilft Ihnen in Zukunft das neue Wettbewerbsregister des Bundeskartellamts.
Welche (zwingenden) Ausschlussgründe gibt es?
Welche Gründe zwingend zu einem Ausschluss führen, sagt Ihnen § 123 GWB. Zwingend ausgeschlossen werden müssen Bieter, wenn eine für die Leitung des Unternehmens verantwortliche Person wegen einer der dort abschließend aufgeführten Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde. Gleiches gilt, wenn gegen das Unternehmen selbst eine Geldbuße wegen einer der in § 123 GWB genannten Straftaten festgesetzt wurde (vgl. § 30 OWiG).
Erfasst werden schwere Straftaten, unter anderem die Bildung krimineller Vereinigungen, Geldwäsche, Bestechlichkeit und Bestechung. Andere als die dort genannten Straftaten dürfen Sie nicht für einen zwingenden Ausschluss heranziehen.
Zwingend ausschließen müssen Sie auch Unternehmen, die ihren Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zur Sozialversicherung nicht nachgekommen sind. Das muss durch rechtskräftige Verurteilung oder in sonstiger Weise nachgewiesen sein.
Zwingend heißt zwingend, aber…
Liegt ein zwingender Ausschlussgrund vor, haben Sie bei der Entscheidung, ob das Unternehmen ausgeschlossen wird, grundsätzlich keine Wahl. Von einem Ausschluss wegen einer Katalogstraftat können Sie aber ausnahmsweise absehen, wenn dies aus „zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses“ geboten ist (vgl. § 123 Abs. 5 GWB). Ein zwingender Grund des öffentlichen Interesses liegt nicht schon vor, wenn das Unternehmen das günstigste Angebot abgegeben hat. Vielmehr muss die Beschaffung bei genau diesem Unternehmen alternativlos sein. Der Gesetzgeber hat dabei insbesondere an dringend benötigte Impfstoffe gedacht, die nur von einem Unternehmen angeboten werden.
Hat ein Unternehmen seine Steuern, Abgaben oder Beiträge zur Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß gezahlt, dürfen Sie von einem Ausschluss auch dann absehen, wenn der Ausschluss „offensichtlich unverhältnismäßig“ wäre. Das kann bei nur geringfügigen Fehlzahlungen der Fall sein.
Nicht ausschließen können Sie außerdem Unternehmen, die ausreichende Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Integrität und zur künftigen Vermeidung von Straftaten getroffen haben („Selbstreinigung“, vgl. § 125 GWB). Dafür müssen insbesondere entstandene Schäden ausgeglichen worden sein.
Wie erfahren Sie vom Vorliegen eines zwingenden Ausschlussgrunds?
Bevor Sie einen Bieter ausschließen, müssen Sie „positive Kenntnis“ vom Vorliegen eines Ausschlussgrunds haben. Ein „Verdacht“ reicht nicht. Geben Bieter in ihren Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen und sonstigen Nachweisen an, keine zwingenden Ausschlussgründe zu erfüllen, dürfen Sie diesen Angaben grundsätzlich vertrauen. Das gilt jedenfalls dann, wenn keine objektiv begründeten, konkreten Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen.
Zweifeln Sie an der Richtigkeit der Angaben, müssen Sie sich Gewissheit verschaffen und Hinweisen im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und den zeitlichen Gegebenheiten eines Vergabeverfahrens nachgehen.
Dabei hilft Ihnen in Zukunft das neue Wettbewerbsregister des Bundeskartellamts. Mit dem Wettbewerbsregister werden Auftraggebern Informationen über Ausschlussgründe im Sinne der §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zur Verfügung gestellt (vgl. § 1 Abs. 2 WRegG).
In das Wettbewerbsregister werden Unternehmen eingetragen, wenn eine für die Leitung des Unternehmens verantwortliche Person wegen einer der in § 123 GWB genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde und das dem Unternehmen zuzurechnen ist. Gleiches gilt, wenn gegen das Unternehmen selbst eine Geldbuße festgesetzt wurde. Die erforderlichen Informationen erhält das Bundeskartellamt dabei direkt von den Strafverfolgungsbehörden.
Als Auftraggeber müssen Sie nach der endgültigen Freischaltung des Wettbewerbsregisters durch das Bundeskartellamt grundsätzlich bei allen Vergabeverfahren mit einem geschätzten Auftragswert von über 30.000 Euro abfragen, ob der Bieter, an den der Auftrag vergeben werden soll, im Wettbewerbsregister eingetragen ist. Bei Verfahren unterhalb dieses Werts ist das freiwillig.
Von Ihrer Verantwortung für den Ausschluss befreit Sie aber auch eine Eintragung im Wettbewerbsregister nicht. Über den Ausschluss entscheiden Sie nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften weiterhin in eigener Verantwortung (vgl. § 6 Abs. 5 WRegG). Sie müssen dabei aber nicht mehr allein den Angaben der Bieter vertrauen.
Wie lange bleiben zwingende Ausschlussgründe bestehen?
Weil es unverhältnismäßig wäre, Bieter auf Dauer von der Teilnahme an Vergabeverfahren auszuschließen, dürfen Auftragssperren eine bestimmte Höchstdauer nicht überschreiten. Selbst bei Vorliegen eines zwingenden Ausschlussgrunds dürfen Sie ein Unternehmen deshalb höchstens fünf Jahre ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen (vgl. § 126 Nr. 1 GWB).
OPPENLÄNDER Rechtsanwälte mit Sitz in Stuttgart zählt bei einer Teamgröße von ca. 40 Anwältinnen und Anwälten zu den TOP 50 Kanzleien in Deutschland. Die Beratungspraxis umfasst sämtliche Bereiche des Wirtschaftsrechts. Dies gilt insbesondere auch für das Vergabe- und Kartellrecht.